Portugal steigert Exporte

Gesteigerte Ausfuhren kompensieren die schwache Inlandsnachfrage nicht, Brasilien warnt Spanien und Portugal, den Sparkurs fortzusetzen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Für Portugal ist der Export der Strohhalm, an den sich die konservative Regierung klammert, weil der Binnenkonsum wegen des rigiden Sparkurses eingebrochen ist. Ministerpräsident Pedro Passos Coelho will deshalb die Ausfuhren steigern, um wieder für Wachstum im Land zu sorgen.

Portugal ist es gelungen, die Exporte von Waren und Dienstleistungen von Januar bis August um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu steigern. Das hat die europäische Statistikbehörde Eurostat gemeldet. Die Einfuhren des Landes gingen um fünf Prozent zurück. Ähnlich sah es auch bei den übrigen Krisenländern aus, die allesamt ihre Exporte steigern und die Importe senken konnten. In Spanien fiel der Anstieg mit drei Prozent allerdings relativ gering aus.

Ob sich der positive Trend bei den Ausfuhren für Portugal so fortsetzt, wird bezweifelt. Niemand glaubt, dass der schwache Binnenkonsum darüber kompensiert werden kann. Deshalb hat auch die portugiesische Zentralbank ihre Prognose für 2013 nach unten korrigiert. De Notenbank in Lissabon geht nun davon aus, die Wirtschaft des Landes werde im kommenden Jahr um 1,6 Prozent schrumpfen wird. Bisher prognostizierte sie ein Prozent. Eurostat hatte zudem ermittelt, dass die Wirtschaft im dritten Quartal gegenüber dem Vorjahr sogar schon um 3,4 Prozent geschrumpft ist.

Dass das Exportwachstum wohl schon bis zum Jahresende nicht mehr wie bisher weiter wächst, hat mit diversen Faktoren zu tun. Da ist die die Entwicklung beim spanischen Nachbar. Der größte Handelspartner Portugals rutscht immer tiefer in die Rezession. Noch 2011 sog Spanien ein Viertel aller Exporte aus Portugal auf. Im ersten Halbjahr 2012 sind die Ausfuhren nach Spanien um gut vier Prozent eingebrochen, während sie im Vorjahreszeitraum um fast 12 Prozent gestiegen waren. Dazu kommt, dass nun die gesamte EU in die Rezession abgerutscht ist.

Eurostat hat ermittelt, dass auch das schwache Wachstum in Deutschland und Frankreich (0,2%) nicht mehr reicht, um die Euro-Zone vor der Rezession zu bewahren. Da auch die deutschen Exporte im September um 2,5 Prozent zurückgegangen sind, zeigt, dass die wichtigsten Handelspartner in der EU immer weniger kaufen, was auch die Krisenländer zu spüren bekommen. In Portugal kommt ein seit Monaten schwelender Streik der Hafenarbeiter hinzu, der die Exporte zusät zlich behindert, denn der größte Teil wird über die Häfen abgewickelt. Weil die beiden Länder am rigiden Sparkurs festhalten, haben sie auf dem iberoamerikanischen Gipfel einen Hilferuf an die ehemaligen Kolonien ausgesandt. Der Gipfel ging am Wochenende im südspanischen Cadiz zu Ende. Spanien und Portugal baten die früheren Kolonien um Unterstützung, um ihre Wirtschaftskrisen zu überwinden. Der spanische König Juan Carlos forderte, die Zusammenarbeit mit den lateinamerikanischen Ländern auszuweiten. Der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy warb derweil um mehr lateinamerikanische Investitionen in beiden Ländern. Sie würden "mit offenen Armen empfangen", sagte er. Auf dem Treffen hatten verschiedene Länder den europäischen Sparkurs kritisiert. Wie Rajoy verteidigte aber auch EU‑Kommissionspräsident José Manuel Barroso den Kurs.

Am Montag hat nun Rajoy die brasilianische Regierungschefin Dilma Rousseff empfangen, um die Gespräche über eine Zusammenarbeit beider Länder zu vertiefen. Rousseff ist eine der schärfsten Kritiker des Austeritätskurses. Vor dem Treffen mit Rajoy erklärte sie in einem Interview mit der großen spanischen Tageszeitung El País, das Problem Europas sei kein zu teurer Sozialstaat. "Es wurden falsche Ansätze zur Lösung der Krise gewählt und das Resultat ist eine Verarmung der Mittelschicht", sagte sie. "Die Rezepte, die in Europa angewendet werden, werden in eine brutale Rezession führen."

Die Brasilianerin spricht aus eigener Erfahrung, denn die Politik des Internationalen Währungsfonds (IWF) habe auch Brasilien zu spüren bekommen und diese Rezepte hätten Lateinamerika in den 1980er Jahren in die Pleite geführt. Kürzungen ohne gleichzeitige Investitionen würden auch in Europa die Probleme nicht lösen, warnte sie.