Das Killer-Killerspiel

"Call of Duty: Modern Warfare 2" heizt vor Erscheinen "Killerspiel"-Debatte an

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Am 10. November erscheint für die Xbox 360 und die PlayStation 3 der Ego-Shooter "Call of Duty: Modern Warfare 2" – ein Spiel, das die Gemüter bereits vor der Veröffentlichung erregt, wie man heute in einem Kommentar der Chefredakteure Markus Schwerdtel (GamePro) und Michael Trier (GameStar) auf GamePro lesen kann. Im Spiel übernimmt man in einer Sequenz die Rolle eines Undercover-Agenten, der in eine russische Terror-Organisation eingeschleust wurde und zusammen mit dieser einen Moskauer Flughafen überfällt. Dabei richtet man – zumindest in der Originalfassung – ein Blutbad unter den dort wartenden Fluggästen an. In der deutschen Fassung ist – trotz anderslautender Angaben vom Publisher "Activision Blizzard" – die betreffende Sequenz so weit entschärft, dass als Spielfigur bei dem Anschlag nur zuschauen darf und sein Leben verliert, sobald man ebenfalls auf die Passanten schießt.

"Das sind genau die Szenen, die wir bald bei jeder Diskussion um die sogenannten »Killerspiele« zu sehen bekommen werden. Und wir werden nicht mehr dagegen sagen können: »Halt, das stimmt so nicht!« Denn es ist wahr", monieren Schwerdtel und Trier und lehnen die Argumentation des Studios "Activision Blizzard" ab, nachdem die Sequenz den Spieler in die Perspektive der Terroristen versetzen soll. Und in der Tat steht zu erwarten, dass selbst die zensurierte deutsche Fassung des Spiels heftige Kontroversen auslösen, wenn nicht sogar die Bundesprüfstelle oder eines der beschlagnahmefreudigen Amtsgerichte auf den Plan rufen wird. Das Spiel, das in Vorabtests zumeist als sehr gut bewertet und bei den für Videospiele üblichen Prozentwertungen über "90 %" erhält, steht in einer Reihe realistischer Kriegssimulationen, die in den "Modern Warfare"-Teilen gegenwärtige Konfliktsituationen als Spielszenarios ausbauen.

Ob die monierte Sequenz dem Spieler tatsächlich tiefere Einblicke in die Motivation von Terroristen liefert, oder damit nur die nachfolgende Rache an den Terroristen motivieren soll, ist fraglich. In anderen Medien (insbesondere im Filmen von "The Last House on the Left" über "Mother’s Day" und "I spit on your Grave" bis hin zu "Irreversible") haben ähnlich retributivistische Szenarien jedes Mal Kontroversen über "Gewaltverherrlichung" und "Selbstjustiz" ausgelöst und nicht nur hierzulande die Zensur auf den Plan gerufen. Mit "Modern Warfare 2" könnte den "Killerspiele"-Gegnern somit tatsächlich ein handfestes Argument in die Hände gelangen. Ob es da noch hilft, dass sich sogar eher liberal eingestellte Magazine wie die von Schwerdtel und Trier herausgegebenen moralisch gegen derartige Szenarien stellen, ist fraglich. Man müsste schon nachweisen, dass ein "Killerspiele"-Gegner ins Activision Blizzard-Studio eingeschleust wurde – eher unwahrscheinlich.