Deutschland fällt bei der Bildung unter OECD-Ländern zurück

Nach der OECD-Studie investiert Deutschland zu wenig in Bildung und liegt bei der Zahl der Studenten pro Jahrgang inzwischen weit hinten.

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Aufgeboten wurde rhetorisch immer alles von den Regierungsparteien, wenn es um die Zukunft der Bildung ging. Aber das Geld ist stets knapp und der Weg zur Einlösung der Versprechen hart. Als dann plötzlich angeblich systemische Institutionen gefährdet schienen, ging das sonst gut gehütete Geldsäckel auf und sprudelten die Milliarden. Auch zur Wahl ist man zwar wenig konkret, aber wer würde schon hintanstehen, wenn es um Bildung geht, um die Zukunftsinvestition schlechthin.

Deutschland aber ist nach einem Bericht der OECD eines der Schlusslichter, was die Förderung von Bildung betrifft. Das "Land der Dichter und Denker" investiert lediglich 4,8 Prozent des BIP in Bildung, durchschnittlich sind es 6,1 Prozent. Von den 28 OECD-Staaten geben nur Irland, die Slowakei, Spanien und die Türkei weniger aus. Durchschnittlich investieren die OECD-Länder 13,3 Prozent des Haushalts in Bildung, in Deutschland, Japan und Italien sind es unter 10 Prozent.

Während OECD-Direktorin Barbara Ischinger bei der Vorstellung der Studie „Bildung auf einen Blick 2009“ mahnte, dass Deutschland doch jetzt mehr Geld in Bildung stecken müsste, stellte sich Bundesbildungsministerin Annette Schavan stur und meinte: „Deutschland hält seinen Spitzenplatz im internationalen Wettbewerb.“ Man müsse nur ein paar Hausaufgaben erledigen. Die haben es allerdings in sich, unwahrscheinlich, dass die nächste Regierung, gleich ob eine Neuauflage der großen Koalition oder eine schwarz-gelbe Koalition, die ja die Steuern zu senken verspricht, hier groß etwas ändern wird.

Schavan verkündete beispielsweise, dass bei der Studienanfängerquote Deutschland mit 39 Prozent eines Jahrgangs das selbst gesteckt Ziel von 40 Prozent fast erreicht habe: "Unsere Maßnahmen, insbesondere der Hochschulpakt, sind erfolgreich." Beim Blick auf die anderen Länder sieht das schon ganz anders aus. Im OECD-Durchschnitt schreiben sich 56 Prozent eines Jahrgangs ein. In Deutschland schlossen 23 Prozent eines Jahrgangs ihr Studium ab, im OECD-Durchschnitt sind es 39 Prozent. Hier fällt Deutschland trotz Fortschritten zurück, obgleich die Nachfrage nach jungen Menschen mit höherer Ausbildung hier besonders hoch ist. In Kanada, Südkorea, Russland und Japan haben über 50 Prozent ein Studium abgeschlossen. Während in vielen Ländern in den jüngeren Generationen relativ sehr viel mehr eine akademische Ausbildung haben, hat sich dies in Deutschland kaum verändert, wodurch Deutschland immer weiter nach hinten rückt. Vermutlich weil weniger studieren, brechen in Deutschland auch weniger ihr Studium ab.

Im OECD-Durchschnitt ist das jeder vierte Student, in Deutschland nur jeder dritte. Und einen Spitzenplatz hat Deutschland auch bei denjenigen, die einen Abschluss in der Sekundärstufe machen. Bei deren Zugang zu Universitäten liegt Deutschland aber wieder ganz hinten.

Schavan begrüßt erneut die Bologna-Reform und verspricht den weiteren Ausbau der Universitäten. Und auch sonst ist alles gut, zumindest vor der Wahl, denn danach wird erst einmal abgerechnet: "Im Rahmen des Hochschulpakts stellen Bund und Länder in den Jahren 2007 bis 2010 eine Milliarde Euro bereit, damit zunächst 90.000 junge Menschen zusätzlich ein Studium aufnehmen können", teilt das Ministerium für Bildung und Forschung mit. "Für die Zeit von 2011 bis 2015 sollen mit weiteren knapp 3,8 Milliarden zusätzlich 275.000 Studienplätze finanziert werden. Neben dem Anstieg der Zahl der Studienanfänger behauptet Deutschland einen Spitzenplatz bei ausländischen Studierenden: 8,6 Prozent aller ausländischen Studierenden innerhalb des OECD-Raums studieren an deutschen Hochschulen. Damit ist Deutschland nach den USA und dem Vereinigten Königreich das drittbeliebteste Studienland."

Wenn hier aber nur 23 Prozent eines Jahrgangs ein Studium abschließen, sonst aber 39 Prozent und mehr, dann wird ein großer Teil der jungen Generation einer unsicheren Zukunft überlassen, obgleich auch die jungen Generationen für das Land systemisch wären, vermutlich mehr als einige Banken und vor allem Banker. Dass höhere Bildung nicht nur höheres Einkommen, sondern auch höhere Arbeitssicherheit und geringeres Risiko bedeutet, arbeitslos zu werden oder von Anfang zu bleiben, macht die OECD-Studie deutlich. 40 Prozent der jungen Menschen, die keinen sekundären Schulabschluss haben, sind arbeitslos. Die Hälfte der 25-34-jährigen Langzeitarbeitslosen haben nur eine sekundäre Schulbildung. Wer besser gebildet ist, lebt auch gesünder, ist politisch aktiver