Verfassungsweise kippen französisches Genozid-Gesetz

Laut der Entscheidung des Conseil constitutionnel ist das Gesetz in der vorliegenden Form nicht mit der Presse- und Meinungsfreiheit vereinbar

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der französische Verfassungsrat gestern jenes Furore machende Gesetz kassiert, das skeptische Äußerungen zur Massenvernichtung von Armeniern im Jahr 1915 unter Strafe stellt. Und zwar unter keine geringe: Bis zu einem Jahr Gefängnis und eine Geldstrafe von bis zu 45.000 Euro sieht es für die Person vor, welche die „Existenz eines oder mehrerer Verbrechen des Genozids, wie er im Artikel 211-1 des Strafgesetzbuches beschrieben ist (...), bestritten hat oder auf eine übertriebene Art heruntergespielt hat“.

Laut Verfassungsrat ist das vorliegende Gesetz mit der Verfassung, insbesondere mit der darin garantierten Presse- und Meinungsfreiheit, nicht vereinbar: „contraire à la Constitution“. Die genauere Begründung wird demnächst im veröffentlicht.

Das Gesetz hatte zu einer laut ausgetragenen Krise in den Beziehungen zwischen Frankreich und der Türkei geführt; Ministerpräsident Erdogan hatte vergeblich versucht, die französische Regierung davon zu überzeugen, das Gesetz zu lassen. Kurz vor Weihnachten 2011 wurde es vom französischen Parlament verabschiedet. Danach wurden die Töne aus Ankara schärfer, Erdogan griff Sarkozy immer wieder an, wünschte ihm beispielsweise ein Wahldebakel.

Nicolas Sarkozy hat inzwischen seine Regierung angewiesen, möglichst rasch einen neuen Text zu formulieren.