Atomkraft: Kostenexplosion beim EPR-Bau

Wie in Finnland laufen nun auch in Frankreich die Kosten für den AKW-Bau aus dem Ruder

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Man kennt das ja schon zur Genüge von Großprojekten: Ihre Kosten laufen ganz gerne Mal aus dem Ruder. Dennoch mangelt es nicht an Politikern, die wider besseren Wissens Stein und Bein das Gegenteil behaupten und Bürger, die dies nicht glauben wollen, gerne mal aus dem Weg prügeln. So wie im Herbst 2010 in Stuttgart. Nun wird dort tatsächlich alles deutlich teurer, wer hätte das gedacht. Aber die Bahn wird es locker stemmen, schließlich werden ja gerade trotz satter Gewinne im Fernverkehr mal wieder die Fahrpreise erhöht.

Anderswo kann man derlei auch. Aus Frankreich berichtet der Informationsdienst IWR, dass im Westen des Landes die Kosten für den Bau eines neuen AKW aus dem Ruder laufen. Acht Milliarden Euro wird demnach der European Pressurized Reactor (EPR) verschlingen, was einer Kostensteigerung von über 100 Prozent entspricht. 2007, als die Bauerarbeiten aufgenommen wurden, hieß es noch, man werde 3,5 Milliraden Euro verbauen.

Der EPR Flamanville ist der erste seiner Art in Frankreich. Weitere AKW dieser neuen Baureihe entstehen in China (Taishan 1 und 2) sowie in Finnland (Olkiluoto 3), von wo ähnliche Geschichten bekannt sind. An Olkiluoto 3 wird seit 2005 gebaut, die Kosten haben sich von drei auf sechs Milliarden Euro verdoppelt (bisher), und die Fertigstellung von 2009 auf 2014 verzögert.

Neun Jahre wird man voraussichtlich auch in Frankreich brauchen. Neben allen anderen Fragen, die gegen AKW-Bau sprechen (Unfallgefahren, nicht geklärte Entsorgung der abgebrannten Brennstäbe etc.) ist das ein Beleg dafür, dass AKW nicht geeignet sind, die Energieprobleme zu lösen. Es dauert einfach viel zu lange, bis sie Strom liefern werden.

Und er wird auch nach betriebswirtschaftlichen Kriterien nicht gerade billig werden. Der französische Rechnungshof kalkuliert für den Strom aus Flamanville Gestehungskosten von sieben bis neun Cent pro Kilowattstunde. Vorausgesetzt ist dabei allerdings eine Laufzeit von 60 Jahren und natürlich, dass das AKW nicht gegen die Schäden versichert werden muss, die es anrichten kann.

Zum Vergleich: In Deutschland gibt es derzeit für Strom aus an Land errichteten Windkraftanlagen in den ersten fünf Jahren eine Anfangsvergütung von 8,93 bis 9,41 ct./kWh. Bei zu geringem Ertrag kann eine gewisse Zeit länger gezahlt werden. Danach gibt es nur noch die Grundvergütung von 4,87 ct./kWh. So viel zum Thema billige Atomkraft.