Obama: "Keine Krise" zwischen Israel und USA

... der Streit geht weiter: Inwieweit kann oder will der amerikanische Präsident seine Forderungen nach dem Stopp neuer Siedlungsbauten bei der israelischen Regierung durchsetzen?

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Das schreibt sich in eine Tradition ein und ist auch in diesem Sinne konzipiert: In einem Interview mit dem Fernsehsender Fox erklärte der amerikanische Präsident gestern, dass es "keine Krise" zwischen den Freunden Israel und USA gebe. Vor allem in der Sicherheitspolitik sei man nach wie vor engstens miteinander verbunden: "Israel's security is sacrosanct."

Bestätigungen des Präsidenten, dass die USA angesichts der Bedrohung aus Iran "aggressiv" die Durchsetzung neuer Sanktionen betreiben, komplettierten das Bild der beiden Partner, zwischen deren Sicherheitsinteressen "kein Blatt Papier" passe, wie der amerikanische Vizepräsident Biden betont hatte - bevor es vergangene Woche zum dem Eklat kam. Ausgelöst wurde er durch die Bekanntgabe der geplanten Neubauten in Ost-Jerusalem. Seither hatte sich der Streit in der Öffentlichkeit hochgeschaukelt und breit gestreut.

Kritik an Israel gab es dabei von allen Seiten. Auf der hohen Politikebene: nicht nur die EU, auch Merkel kritisierte diesmal. In der Öffentlichkeit: In prominenten US-Blogs entbrannte ein heftiger Streit über grundsätzliche Gebietsansprüche und Haltungen. Einmal mehr entfachte sich dieser an Karten, die zeigen, wie das Gebiet, das die Grundlage des palästinensischen Staates bilden soll, stetig kleiner wird. Auseinandersetzungen gab es auch zwischen Lobbygruppen ( "War of words' among Israel lobbies"), AIPAC mobilisierte. In den Schlagzeilen der traditionellen Medien ging es um Beleidigungen auf Haupt-und Nebenschauplätzen (Außenmministerin Clintion sprach am telefon von "insult", der Schwager Netanjahus, Hagai Ben-Artzi, bezeichnete Obama als Antisemiten).

Und in manchen Meldungen - etwa über den Aufschub des Besuches des US-Vermittlers George Mitchell, den Nachrichten über die Straßenschlachten zwischen palästinensischen Jugendlichen und israelischer Polizei in Jerusalem, dem Fortbleiben der Palästinenser von den indirekten Verhandlungen - ging es auch irgendwie um das, was man "Friedensprozess" im Nahen Osten nennt. Der hat freilich unter Kritikern längst den Ruf, dass er nur ein potemkinsches Projekt ist, das allein den Interessen der beiden engen Freunde in der Region untergeordnet ist.

Mit seinem Interview hat Obama versucht, den Streit auf der diplomatischen Ebene zu beenden. Auf der politischen Ebene ist er noch gar nicht ausgefochten. Obamas Forderungskatalog, in dem eindeutig die Rücknahme der Bauentscheidung verlangt wird, liegt noch unbeantwortet bei der israelischen Regierung. Wie diese Reaktion aussiehen wird, darauf kommt es an, ob sie anders als ausfällt, als alle Welt erwartet?

Laut Ha'aretz gibt es einerseits Aussagen, etwa von Außenminister Avigdor Lieberman, die eindeutig nicht in diese Richtung weisen:

"This demand from the international community is mainly an opportunity to increase pressure on Israel and to demand unreasonable things."

Anderseits, so die Zeitung, gebe es Anzeichen dafür, dass es in lokalen, symbolisch wichtigen Krisenzonen wie Ostjerusalem zu Veränderungen kommt, die für einen gewissen Einfluss der US-Politik sprechen:

"The Jerusalem municipality has refrained from demolishing homes in East Jerusalem for the past five months, in a move widely seen as an effort to ease tensions with the United States and assuage fears of an outbreak of violence among the Arab residents of the city."

Diese kleinen Schritte reichen nicht, wenn man ihnen gegenüber stellt, mit welchen Forderungen und Zielen Obama angetreten ist: Er wollte der palästinensischen Seite mehr Geltung verschaffen und steht dafür bei den arabischen Partnern und der arabischen Öffentlichkeit im Wort. Ob der US-Präsident auch in größeren Krisenzonen - es geht ja nicht nur um Häuserzerstörungen in der Stadt -, sondern um Siedlungsaus- und neubauten außerhalb Jerusalems und in der Westbank seinen Einfluss durchsetzen kann, bleibt ungewiss wie immer. Auch da nichts Neues, sondern Kontinuität der US-Regierung. Seit mehreren Amtszeiten.