Zukunft: Energiebedarf kann nicht gedeckt werden

Shell-Energieszenarien prognostizieren ungebremsten Energiehunger der neuen Industrieländer

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Unter dem Titel " Signals and Signposts" hat Shell seine diesjährige Energiestudie vorgelegt. Der Bericht entwickelt Zukunftsszenarien zur weltweiten Entwicklung der Energieversorgung, -nutzung und -nachfrage bis zur Mitte des Jahrhunderts. Die Autoren prognostizieren, dass das Ausmaß des Energiekonsums in den nächsten vier Jahrzehnten rapide zulegen wird und die geopolitischen und ökologischen Folgen zu mehr Instabilität, womöglich zunehmend mehr Energiekriegen, führen werden. Die politischen Entscheidungen in den kommenden fünf bis zehn Jahren stellen die Weichen, welche die weltweite Energielandschaft von 2050 entscheidend prägen werden. Die Autoren stellen grundlegende Thesen auf:

1. Die Rezession hat den Boom der Öl- und Rohstoffpreise nur vorübergehend aufgehalten. Der Rohstoff- und Energiebedarf in Schwellenländern wie China und Indien wird weiter steigen. Auch eine verbesserte Produktivität wird diesen Trend nicht aufhalten

2. Die Schwellenländer einschließlich der bevölkerungsreichen Länder China und Indien treten nach dem bisher vor allem exportorientierten Ausbau der Wirtschaft verstärkt in den Ausbau von eigener Industrie, Städten, Infrastruktur und Transportwesen und damit in die energieintensivste Phase ihrer Wirtschaftsentwicklung ein. Wenn die Entwicklung in den Schwellenländern nach historischen Entwicklungsmustern verläuft wird der weltweite Energiebedarf im Jahr 2050 drei Mal so hoch sein wie im Jahr 2000.

3. Technische Innovation kann die Energieeffizienz nur soweit verbessern, das 20 Prozent des zusätzlichen Energiebedarfs gedeckt werden können. Trotz der Erschließung neuer Rohstoffquellen und dem Aufbau neuer Erzeugerstrukturen bleibt 2050 eine Deckungslücke von 400 EJ/Jahr was dem Energieverbrauch vom Jahr 2000 entspricht.

4. Das Angebot wird nicht mit der Nachfrage Schritt halten können. Ab Ende der 2020er Jahre wird zuerst die Produktion von Erdöl und Erdgas hinter der Nachfrage zurückbleiben. Die Kohlevorkommen werden die Deckungslücke nicht schließen können, da Transportprobleme und 'ökologische Herausforderungen' Grenzen setzen. Alternative Energiequellen werden nicht in der erforderlichen/nachgefragten Menge zur Verfügung stehen.

5. Intelligente Stadtentwicklung, nachhaltige Politik und wirtschaftliche und technische Innovationen könnten den Energiehunger abschwächen. Doch das Risiko kurzsichtiger politischen Fehlentscheidungen und enttäuschter Erwartungen macht das Risiko zukünftiger 'Preisschocks' wahrscheinlich.

6. Die weltweite Wirtschaftskrise ging bereits mit einer geopolitischen und wirtschaftlichen Machtverschiebung von Westen nach Osten einher. Diese Verschiebung wird anhalten und das weltweite wirtschaftliche und politische System verändern. Der Bedeutungsverlust des Westens wird sich verstetigen. und damit eine weitere geopolitische Machtverschiebung Richtung Osten stattfinden. Neue aufstrebende Mächte werden ihre nationalen Interessen geltend machen und bisherige globale Mechanismen der kollektiven Sicherheit auflösen.

7. Die ökologische Belastungen der Erde wird steigen. Es wird zunehmend schwerer, die CO2 Konzentration in der Atmosphäre auf einem verantwortungsvollen Maß zu halten.

Heutige Klimaschutzvorgaben wie "2-Grad-Ziel", CO2- und Energieverbrauchslimits werden demnach voraussichtlich scheitern.