Frauen weiter deutlich schlechter bezahlt als Männer

In Deutschland ist nach Angaben der EU-Kommission der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen besonders groß

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern haben sich in den vergangenen 15 Jahren in der EU kaum verringert und in einigen Ländern sogar zugenommen. Das ist das Resümee der neuen EU-Kommissarin für Justiz und Grundrechte, Viviane Reding. Mit Deutschland geht streitbare Kommissarin besonders hart ins Gericht: "Frauen in Deutschland verdienen im Durchschnitt 23,2 Prozent weniger als Männer", sagte sie der Welt. Von Deutschland erwartet die Luxemburgerin etwas anderes: "Deutschland ist eines der wirtschaftlich am weitesten entwickelten Länder und sollte mit gutem Beispiel vorangehen, anstatt Nachzügler zu sein." Schon im vergangenen Jahr hatte die EU-Kommission Deutschland dazu aufgefordert, die EU-Vorschriften zum Verbot der Diskriminierung auf Grund des Geschlechts in Beschäftigung und Beruf vollständig umzusetzen.

Inakzeptabel ist schon, dass Frauen im EU Durchschnitt 18 % weniger verdienen als Männer. Dass Deutschland noch deutlich über dem Durchschnitt liegt, ist also mehr als peinlich. "Ich erwarte mehr Ambition und mehr Tatendrang", sagte Reding mit Blick nach Berlin. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit sei eines der ältesten Rechte und auch in den Europäischen Verträgen verankert, aber die Realität sieht eben wieder einmal ganz anders aus. "In der derzeitigen Krisensituation kann sich Europa eine solche Lohndifferenz nicht leisten", mahnte Reding und rechnete vor, dass ein Ende dieses Lohndumpings zu einem "Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von rund 30 Prozent führen könnte".

Ein wichtiger Grund für Lohnungleichheit sei die hohe Teilzeitquote von Frauen, zudem sei ihr Anteil im Niedriglohnbereich hoch. Trotz sehr guter Ausbildung bleibt Frauen oft der Zugang zu Führungspositionen verwährt. Die Arbeitgeber seien schon mehrfach aufgefordert worden, ihr Verhalten in dieser Frage zu ändern. Noch hinter Deutschland liegen Österreich, die Niederlande, Zypern, Tschechien und Estland.

Spanien ist eines der Länder, in denen sich die Lage in der Wirtschaftskrise in den letzten Jahren verschlechtert hat. Das geht auch aus einer neuen Studie von ICSA und ESADE hervor. Nahmen 2007 Frauen noch 19 % der Führungspositionen ein, seien es 2009 nur noch 13 % gewesen, obwohl sie meist über eine bessere Ausbildung verfügten. Vom Ziel, das sich die sozialistische Regierung 2007 gesetzt hatte, bis 2015 auf einen minimalen Wert von 40 % zu kommen, entfernt man sich mit großen Schritten.

In der schweren Krise ist die Schere beim Lohngefälle deutlich auseinander gegangen. Verdienten Frauen in Führungsetagen 2007 noch 12 % weniger als Männer, waren es nach der Untersuchung 2009 schon 17 %. Die spanische Gewerkschaft UGT hat Spanien ein deutlich schlechteres Zeugnis als Brüssel ausgestellt. Die UGT ermittelte in den verschiedenen Regionen, dass der Lohnunterschied allgemein zwischen 20 und 30 % liegt und im Durchschnitt bei 26,3 %, also sogar noch höher als in Deutschland.

Am Freitag hat auch der EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso mit Reding die Frauen-Charta präsentiert. Brüssel will nun Druck machen, um das Lohngefälle zwischen den Geschlechtern in den kommenden Jahren abzubauen. Mitte des Jahres will Barroso einen Aktionsplan vorlegen. In fünf Schlüsselbereichen will die EU aktiv werden und vor allem geht es um die Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt. Gefördert werden soll die gleiche wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen auf dem Arbeitsmarkt, um ein reduziertes Lohngefälle, eine bessere Repräsentanz in politischen Rollen, die Ausmerzung jeder Form von Gewalt an Frauen sowie eine Umsetzung der Gleichstellung auch auf internationaler Ebene. Reding will das Thema "aus der Ecke holen". Die Gleichstellung müsse systematisch in allen politische Vorschlägen und Maßnahmen eingeflochten werden. Man werde alle zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen und möglich seien auch Strafgelder.