Anonymous legen Webseite der spanischen Polizei lahm

Nach der Verhaftung von drei mutmaßlichen Hackern haben Aktivisten die Webseite der Nationalpolizei lahmgelegt

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Am Freitag wurde es angekündigt und in der Nacht vom Samstag auf den Sonntag wurde vollzogen. Nach den Festnahmen von drei mutmaßlichen Anonymous-Aktivisten wurde die Website der spanischen Nationalpolizei vorübergehend lahmgelegt. Die spanische Polizei hatte am Freitag mitgeteilt, sie habe drei Anonymous-Hacker unter anderem wegen Angriffen auf den Online-Shop der Sony PlayStation und andere Unternehmen sowie auf die Seiten der Regierungen von Ägypten, Algerien, dem Iran und anderen Länder festgenommen.

Und weil man sich des fragwürdigen Vorgehens bewusst war, wurde in Spanien sofort mit der großen Terrorismus-Keule geschwungen. Damit kann dann bekanntlich praktisch alles gerechtfertigt werden, sogar die illegale Schließung von Zeitungen und Folterungen von Journalisten. Die drei festgenommenen Personen hätten angeblich versucht, sensible Daten von Politikern und Sicherheitskräften auf Webseiten von Sympathisanten der baskischen Untergrundorganisation ETA zu veröffentlichen, schreibt die Tageszeitung El Mundo mit Bezug auf Quellen im Sicherheitsapparat. Um welche Webseiten es sich handeln soll, wurde natürlich nicht gesagt.

Gesagt wurde aber, es soll sich um Daten von Politikern aller großen Parteien sowie um Daten von Nationalpolizisten, Guardia Civil und den Mossos d'Esquadra gehandelt haben, die gerade durch ihr brutales Vorgehen gegen die friedliche Protestcamps aufgefallen waren. Man habe in der Wohnung eines der "zentralen Köpfe des Netzwerks", einem 31-jährigen Seemann aus Gijón, entsprechende Daten und Unterlagen gefunden, der in Almeria festgenommen worden sei. In seiner Wohnung habe der Server gestanden, über den Anonymous die Angriffe auf Webseiten, Regierungen, Finanzinstitute und Unternehmen in der ganzen Welt ausgeführt habe.

Dabei ist schon die Vorstellung absurd, die Aktivisten würden einen solchen Server (noch dazu in der eigenen Wohnung) betreiben. Genauso wenig überzeugend klingt, dass behauptet wird, die drei Personen hätten einen Angriff auf die Webseiten der großen Parteien vor den Wahlen am 22. Mai vorgehabt. Als Begründung, wieso es zu den vergangenen Wahlen keine Angriffe gab, wird geliefert, die Polizei habe diesen Angriff unterbinden können. Wieso die aber den erfolgreichen Angriff auf ihre eigene Webseite nicht verhindern konnte, bleibt unbeantwortet. Denn auch die wurde Opfer eines "DDoS-Angriffs".

In einer Stellungnahme weisen die Anonymus alle Vorwürfe zurück. DDoS-Angriffe seien ohnehin nur "friedliche Proteste im Internet", vergleichbar mit den Sitzblockaden bei traditionellen Protestformen. Jemanden wegen eines DDoS-Angriffs festzunehmen, sei also ein Vorgang, wie jemanden wegen eines friedlichen Protests festzunehmen. Man habe lediglich drei Menschen eingesperrt, die ihre Meinung zum Ausdruck gebracht hätten. "Ihr habt uns mit dem Benzin versorgt und nun müsst ihr mit Feuer rechnen", warnen Anonymous.

Lustig machen sich die Aktivisten auch über die übliche Wortwahl aus der Anti-Terror-Mottenkiste. Man ist es ja im spanischen Staat gewohnt, dass alle paar Wochen zum Beispiel die ETA-Führung festgenommen wird. In einer Video-Botschaft wird bekräftigt, dass gar keine "Anonymus-Mitglieder" festgenommen werden können, weil es eine solche Gruppe nicht gibt. Die kann dann logischerweise auch keine Führung haben. Die Aktion werde als Ablenkungsmanöver für die brutalen Übergriffe der Polizei gegen "Empörte" benutzt, wie sie zuletzt wieder in Valencia zu sehen waren.

Die Sicherheitskräfte werden der Lüge beschuldigt, denn man habe weder Verbindungen zu "terroristischen Gruppen", noch unterstütze man Gewalt. Es sollten weder Daten von Sicherheitskräften in Foren veröffentlicht, noch Kommunikationsmedien angegriffen werden, "denn die Meinungsfreiheit ist nicht verhandelbar". Man sehe, dass die "jämmerliche soziale Realität" einer "unfähigen Regierung", die fünf Millionen Arbeits- und zahllose Wohnungslose produziert, verdeckt werden solle. Die Regierung wisse nicht, wie die Probleme zu lösen sind, wolle aber auch nicht auf das Volk hören. Aufgerufen wird deshalb dazu, sich an weiteren Protesten zu beteiligen, um "Zensur, Korruption, Machtmissbrauch zu zerschlagen, um uns frei ausdrücken zu können und über unsere Zukunft und die unserer Kinder selbst bestimmen zu können".