Siedlungsbau: Neuer Streit zwischen USA und Israel

Palästinenser drohen mit kompletten Rückzug aus den Verhandlungen und erwägen einseitige Schritte zur Staatsgründung

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Die Siedlung Har Homa, jenseits der grünen Linie im Süden Jerusalems, war schon öfter ein wichtiger Streitpunkt zwischen den USA, den Palästinensern, die den Ort Jabal Abu Ghneim nennen, und israelischen Ansichten. Sogar die Bush-Regierung, namentlich Außenministerin Condoleeza Rice hatte mit der israelischen Position zu Har Homa ihre Schwierigkeiten: "Har Homa is a settlement the United States has opposed from the very beginning." Netanjahu hat sich schon in früheren Regierungsjahren, 1997, sehr für den Ausbau der Siedlung stark gemacht:

"I want to make clear that we will build in all of Jerusalem, and we will build also in Har Homa (1997)

Das ist kein unwichtiger Aspekt des gegenwärtigen Streits zwischen den USA und Israel, der sich wie eine Neuauflage der "Beziehungskrise" im März dieses Jahres ausnimmt (siehe US-Friedens-Mission im Nahen Osten weiter erfolglos). Es geht wieder um Baupläne, nicht nur in Har Homa, wo über 1000 neue Wohnungen errichtet werden sollen, sondern auch in Ramot (320 Wohnungen) - ebenfalls jenseits der grünen Linie. Die Pläne wurden am Wochenende bekannt und die Nachricht fällt auch diesmal mit einem Besuch Netanjahus in den USA zusammen, wo er unter anderem für die israelische Position bei den Friedensverhandlungen wirbt. Unter Abwesenheit von Präsident Obama und der Anwesenheit ihm besser gesinnter Regierungsmitglieder. Obama kommentierte die Baupläne aus Indonesien mit Kritik. Diese Art von Aktivität sei nicht hilfreich für die Friedensverhandlungen.

Netanjahu ließ die Kritik des US-Präsenten abblitzen. Über sein Büro betonte er noch einmal, dass die Bauvorhaben zu Jerusalem gehörten und Jerusalem keine Siedlung sei, sondern Hauptstadt. An dieser Position ist nicht zu rütteln. Es gebe keine Begrenzungen der Bautätigkeit in Jerusalem. Zudem könne man dies nicht mit den Friedensverhandlungen verbinden. Schließlich habe man während früherer Verhandlungen auch mit Ägypten in Jerusalem weitergebaut. Die Antwort aus Washington kam prompt, nicht von der Außenministerin, sondern von ihrem Sprecher Philip J. Crowley: Die Siedlungen seien ganz klar mit dem Friedensprozess verknüpft.

Das sehen auch die Palästinenser so. Chefunterhändler Erekat reagierte damit, dass man die Verhandlungen aufkündigen würde, da Israel offensichtlich mehr an Siedlungsbau als an ernsthaften Friedensverhandlungen interessiert sei. Man ziehe nun mehr und mehr in Erwägung, einseitig Schritte zu einer Staatsgründung zu unternehmen, bevor Israel einen palästinensischen Staat durch weitere Siedlungsaktivitäten unmöglich mache.

Obschon sich der palästinensische Ministerpräsident Fayyad, der sowohl auf der israelischen wie auf der amerikanischen Seite viel Respekt genießt, vor Kurzem ebenfalls für eine Staatsgründung ausgesprochen hat, wird diese Option von Beobachtern noch als Verhandlungseinsatz, der nun erhöht wurde, gewertet. Bleibt aber die Frage, worauf Netanjahu hinaus will. Ob er von der Veröffentlichung der Bauplanausschreibung gewusst hat und mit der damit verbundenen Provokation taktiert.

Dass es eine Provokation seinerseits ist, davon geht Hagit Ofran von der israelischen Organisation Peace Now aus. Ofran hat die Bau-Ausschreibungen veröffentlicht. Und weist im Übrigen wie Mitarbeiter der israelischen Regierung darauf hin, dass die Ausschreibungen noch lange nicht bedeuten, dass auch bald gebaut würde. Bis dahin könne noch einige Zeit, vielleicht Jahre vergehen.

Netanjahu liegt daran grundsätzliche Forderungen außerhalb der Verhandlungsmasse zu stellen und dies weiter zu bekräftigen - mit dem Verweis darauf, dass solche Vorhaben nicht seinem Amt unterliegen, sondern der Jerusalemer Baubehörde. Mit dieser Vorgehensweise, die ihm bestimmte grundsätzliche Forderungen sichert, verschaffe sich Netnajahu möglicherweise Spielräume für Konzessionen - auch gegenüber seiner Regierung -, die er sonst nicht hätte, spekuliert ein Kommentator der Asia Times.

Welche Konzessionen die Palästinenser noch bereit sind anzunehmen, ist die eine Frage, die dieser Siedlungsbau-Streit stellt, die andere wäre, ob die Palästinenser tatsächlich eine einseitigen Gründung ihres Staates ernsthaft in Erwägung ziehen - und vor allem: wer sie dabei unterstützen würde.