Irans Führung verschiebt die Steinigung einer Frau wegen Ehebruchs

Trotz und Verbissenheit gegenüber dem "Westen" scheinen die iranische Machtelite zu beherrschen

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Die iranische Führung sucht sich zwar als fortschrittlich und moralisch dem Westen überlegen darzustellen, aber die Islamische Republik unterdrückt brutal die Opposition, verhindert Meinungs- und Pressefreiheit und sucht auch im Alltag an alten, religiös fundierten Gebräuchen festzuhalten. Der scheindemokratische Gottesstaat wird in letzter Instanz von der religiösen Schicht, repräsentiert vom obersten geistlichen Führer, der natürlich nicht vom Volk gewählt wird, aber über jeder staatlichen Macht sitzt.

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Neben Sakineh Mohammadi Ashtiani sind noch weitere Frauen und Männer zum Tod durch Steinigung im Iran verurteilt worden.

Die iranische Führung hätte nun eine Möglichkeit gehabt, ein Gerichtsurteil, das eine verwitwete Frau des Ehebruchs bezichtigt und zum Tod durch Steinigung verurteilt hat, aufzuheben und so der Weltöffentlichkeit zu demonstrieren, dass man willens ist, sich von überkommenen, mit Menschenrechten und Humanismus nicht mehr übereinstimmenden Traditionen lösen zu können. Zwar wurde aufgrund der lautstarken Proteste vor allem im Internet ( Free Sakineh, aber auch von den Menschenrechtsorganisationen und einigen Regierungen ein kleiner Rückzieher gemacht, aber offensichtlich will man sowohl an der martialischen Bestrafung von Ehebruch, als auch an der Steinigung festhalten.

. Steinigungen werden allerdings nicht nur im Iran ausgeführt, auch im "befreiten" Irak wurde 2007 eine junge Frau gesteinigt, allerdings auf eine wenig staatlich-religiös geregelte Weise, sondern durch einen Mob, wie man auf dem mit einem Handy aufgenommen Video sieht. Auch in Somalia wird von Steinigungen berichtet. Berichte über Steinigungen mit Verweis auf das islamische Recht der Scharia soll es auch für Saudi-Arabien, Pakistan, Sudan, Nigeria, Afghanistan und den Vereinigten Arabischen Emiraten geben.

Vorerst, so durfte Malek Ajdar Sharifi, der oberste Richter der Provinz Ost-Aserbaidschan, in der das Urteil über die 43-jährige Frau ausgesprochen wurde, werde die Strafe nicht vollzogen. Das Urteil, so sagte er der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA, sei "endgültig und anzuwenden", aber man habe es wegen "humanitärer Bedenken" des obersten Richters des Landes erst einmal verschoben. Die Verbrechen, die die Frau begangen hat, so fügte er noch hinzu, seien "zahlreich und sehr ernst", sie würden sich nicht auf Ehebruch beschränken. Schon allein die Tatsache, dass eine Frau, deren Mann schon gestorben ist, wegen Beziehungen zu anderen Männern zum Tod und dann auch noch zum Tod durch Steinigung verurteilt werden kann, ist wirklich nur barbarisch zu nennen. Schon allein aus strategischen Gründen der Selbstdarstellung gegenüber der Weltöffentlichkeit müsste die iranische Führung solche grausamen Praktiken unterbinden. Dass sie dazu nicht imstande zu sein scheint, weist darauf hin, dass sie entweder den Aufschrei der islamisch konservativen Schichten fürchtet oder selbst so verbohrt ist, aus Gründen der Machterhaltung, die auch die der Männer über die Frauen betrifft, an Vorstellungen aus dem Mittelalter festzuhalten.

Man will, so ist Sharifi zu verstehen, nur kurz unter dem zu erwartenden kurzen Entsetzen der Weltöffentlichkeit untertauchen und dann einfach weitermachen, wie bisher. Wenn der oberste Richter es anordnet, werde das Todesurteil trotz der westlichen Medienpropaganda ausgeführt, sagte er. Dazu passt, dass der oberste Revolutionsführer, Ajatollah Ali Khamenei, gerade auch noch stolz verkündete, dass nun die Geistlichen auch mehr Einfluss auf die Universitäten und die Forschung haben werden. Endlich habe man es erreicht, dass Geistliche in den Universitäten arbeiten, um so eine gefährliche säkulare Nische besser auszutrocknen, schließlich gehen Proteste oft von Studenten aus. Nun werden also die heilsame "religiöse Atmosphäre" und eine "große Zahl von gläubigen Wissenschaftlern" in den Universitäten "brillante Ergebnisse" schaffen.