Panne im AKW Krümmel lässt Vattenfall erneut fahrlässig erscheinen

Ursache der neuen Panne scheint derselbe Fehler wie vor 2 Jahren zu sein, zudem hat der Konzern die Atomaufsicht nicht wie erforderlich informiert.

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Nach zwei Jahren Reparaturen ist das von Vattenfall betriebene Atomkraftwerk Krümmel wieder ans Netz gegangen, um nach Tagen gleich wieder abgeschaltet zu werden. Die neuen Probleme waren die alten ( Aus Fehlern nichts gelernt). Rätselhaft ist, was in den 2 Jahren geschehen ist, in denen im Übrigen der Pannenreaktor keine Stromlücke hinterlassen hat.

Fast noch schwerwiegender als die Unzuverlässigkeit der Kraftwerksbetreibers ist. Der hatte die Schwere der Panne nicht gemeldet und auch nicht den normalen Meldegang eingehalten. Das das für die Atomaufsicht zuständige Sozialministerium hat zuerst von Polizisten, die vor Ort waren, von dem Vorfall erfahren. Wieder gab es wie 2007 einen Kurzschluss und einen Brand eines Transformators. Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD), die mittlerweile über Krümmel und Vattenfall doch ins Trauern kommen wird, weil sie gerade erst die Wiederinbetriebnahme angeordnet hatte, fordert von Vattenfall personelle und technische Konsequenzen aus der Panne:

"Die Alterung der Transformatoren in Krümmel stellt sich immer deutlicher als Problem heraus. Laut dem ersten Sachstandsbericht unserer Gutachter ist nicht auszuschließen, dass der Störfallablauf im Maschinentransformator gestern mit dem vom 28. Juni 2007 in dem baugleichen Maschinentransformator vergleichbar ist. Damals war der Trafo in Brand geraten, nachdem ein Lichtbogen das Öl entzündet hatte. Inwieweit der Trafo gestern beschädigt wurde, müssen die genauen Untersuchungen auch im Inneren zeigen, die in den kommenden Tagen anstehen. Die Folgen dieses Störfalls sind weitreichend. Für mich heißt das in letzter Konsequenz: Erneuern statt reparieren!"

Man müsse über die Übertragbarkeit von Restlaufzeiten nun grundsätzlich nachdenken, meinet Trauernicht, während Umweltverbände und Politiker die sofortige Stilllegung des alten Reaktors verlangen. Zu den Missständen kommt, dass das Ministerium "kontinuierliche Audioaufzeichnungen auf der Hauptwarte“ des Kernkraftwerks Krümmel angeordnet hatte. Der Kraftwerksbetreiber hatte die Mikrofone jedoch ausgeschaltet, wie die Welt berichtet. Dadurch wurde die schnelle Erfassung der Vorgänge während der Schnellabschaltung verhindert.

Ernst Michael Züfle, Geschäftsführer der Vattenfall Europe Nuclear Energy, hat am Sonntag versichert, man werde den Vorfall untersuchen und entschuldigte sich: "Wir bedauern außerordentlich, dass es durch den Vorfall erneut zu einer Verunsicherung der Öffentlichkeit gekommen ist. Außerdem entschuldige ich mich ausdrücklich für den Fehler in der Erstkommunikation, durch den die Aufsichtsbehörde ihre erste Information nicht durch uns erhalten hat." Für die Ursache des Kurzschlusses an dem baugleichen Transformator, an dem dasselbe Problem bereits 2007 aufgetreten ist, habe man noch keine Erklärung. Die Sicherheitssysteme hätten aber "bestimmungsgemäß funktioniert". "Es gehört zur Charakteristik von Trafos, dass sie Kurzschlüsse haben können. Unser Kraftwerk ist dafür ausgelegt", so Züfle.

Weiter heißt es von Vattenfall: "Die Schnellabschaltung ist nach bisheriger Bewertung ein Meldepflichtiges Ereignis der Kategorie „N“ („Normalmeldung“) und liegt unterhalb der sieben Stufen der internationalen Skala zur Bewertung von Vorkommnissen in Kernkraftwerken („INES null“)."

Natürlich dient der Vorfall auch dem beginnenden Wahlkampf. Während sich die Union und die FDP für längere Laufzeiten der Atomkraftwerke aussprechen, sieht der SPD-Umweltminister Gabriel nun eine Möglichkeit, hier zu punkten. Zunächst dürfe die Atomaufsicht von Schleswig-Holstein nicht mehr alleine über ein Wiederanfahren des Reaktors entscheiden, sagte er. Das dürfe jetzt nur "nach vorheriger Zustimmung der Bundesaufsicht erfolgen". Gabriel kündigte zudem an, er wolle "über die Atomaufsicht des Bundes prüfen lassen, ob es in anderen deutschen Kraftwerken ähnliche Probleme mit der Elektronik gibt". Dazu sollen die elektrischen Systeme aller Kernkraftwerke überprüft werden.