Kraftwerksbranche plante Kapazitätsstillegung bereits vor Fukushima

Kohle- oder Gas-Kraftwerke sollten stillgelegt werden, da die sinkenden Margen keine ausreichende Finanzierung für die Kraftwerke mehr boten

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Ein im Februar 2011 auf der E-World in Essen ("Europas Leitmesse der Energie- und Wasserwirtschaft") verteilter Montel-Branchennewsletter zeigt, dass die Kraftwerksbranche bereits '''vor''' Fukushima (11. März 2011) die Stilllegung von 8 bis 10 Gigawatt Kraftwerksleistung bis spätestens Sommer 2012 ins Auge fasste.

Als Grund werden die sinkenden Margen benannt, die durch steigende Kosten für fossile Energieträger sowie sinkende Spot-Preise durch hohe Einspeisungen durch Erneuerbare Energien verursacht waren. Für Kohlestrom waren demnach nur noch 3,40 Euro pro MWh erzielbar, für Gasstrom wurden teils sogar Verluste von -1,30 Euro pro MWh zum Marktausgleich nötig; Tendenz sinkend. Als großes Problem sahen die befragten Stromhändler und Kraftwerksbetreiber die starken Schwankungen der Spot-Preise an, was zu grundsätzlichen Verhaltensänderungen der größeren Kraftwerke führen müsse. Eine Stilllegung von 8 Gigawatt Kraftwerksleistung würde die Marge auf 13 Euro pro MWh anheben. Eine Anhebung wurde als allgemein nötig angesehen, um die Kraftwerksinfrastrukturen zu finanzieren. Montel gehört zu den wichtigsten und anerkanntesten Informationsdienstleister für den Energiehandel.

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Kraftwerkstilllegungen seien "unvermeidlich", hieß es bereits im Februar 2011

Stillgelegt wurden durch die Entscheidung der Bundesregierung letztlich 9 Reaktoren mit einer Gesamtleistung von etwa 8,4 Gigawatt, also genau der Größenordnung, die in der Branche diskutiert wurden. Einzelne Unternehmen sind von der Entscheidung stärker betroffen als andere, legt man jedoch die Informationen des Montel-Newsletters zugrunde, dürfte die Stilllegung der Branche grundsätzlich ins Konzept gepasst haben - auch wenn statt Kohlekraftwerke AKWs vom Netz genommen wurden.

Zitiert wird im Montel-Newsletter auch die Deutsche Bank, die eine Stilllegung von 20 GW bis 2014/2015 als notwendig ansah, um die Margen zum Betrieb der restlichen Kraftwerksinfrastruktur zu generieren. Etwa 10 Gigawatt werden es bis 2015 insgesamt sein, wenn dann auch das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld vom Netz genommen sein wird. Einen Versorgungsengpass sahen die im besagten Newsletter zitierten Akteure nicht, vielmehr lag das Hauptargument auf der Wirtschaftlichkeit: Die Erneuerbaren machten die alten Kraftwerke zunehmend unwirtschaftlich. Fukushima kam also einer sowieso anstehenden Markbereinigung bevor. Die im Nachgang geführten Diskussionen über zunehmende Stromausfälle sind aus diesem Blickwinkel betrachtet eher fragwürdig. Dass ein Umstieg auf neue Energiequellen dennoch kein reiner Spaziergang ist, bleibt unbestreitbar.