Finanzmarktsteuer definitiv eingemottet

Die sozialdemokratische Opposition ist an der Beerdigung beteiligt, obwohl sie die Steuer angeblich fordert

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Eigentlich war die Steuer auf Finanztransaktionen nie wirklich geplant, die angeblich ja schon beschlossen worden sein soll. Doch seit Jahren tragen Politiker sie populistisch vor sich her, um angeblich auch die zur Kasse zu bitten, die für die Finanzkrise verantwortlich sind und um die Spekulation einzugrenzen.

Im französischen Wahlkampf spielt die Steuer deshalb noch eine Nebenrolle, weil Nicolas Sarkozy damit dem sozialdemokratischen Kandidaten mit der Einführung einer angeblichen Finanzmarktsteuer nun Wind aus den Segeln nehmen will. Dabei will auch Sarkozy nur eine weitgehend unwirksame Umsatzsteuer auf Aktiengeschäfte (Stempelsteuer) nach britischem Vorbild einführen, die auch in der EU noch nicht ganz vom Tisch ist.

Die Finanztransaktionssteuer (FTT) haben die EU-Finanzminister am Wochenende in Kopenhagen wohl definitiv begraben. Sie werkeln aber noch an Möglichkeiten herum, um irgendeine Steuer einzuführen. Es geht dabei vor allem darum, das Gesicht zu wahren und vor der Öffentlichkeit das Scheitern und den Unwillen zu vernebeln. Debattiert wird deshalb, angeblich als erster Schritt, noch immer über eine Stempelsteuer, damit auch die abtrünnigen Briten mitmachen können. Doch die Steuer klammert die besonders gefährlichen Derivate wie in Großbritannien aus und die spekulativen Geschäfte werden nicht erreicht. Daran wird auch nichts ändern, dass nun Deutschland durch eine Arbeitsgruppe prüfen lassen will, wie auch Derivate einbezogen werden könnten.

Angeblich will nämlich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble an der Einführung der Finanzmarktsteuer festhalten. Doch man verschiebt die Debatte nun in eine Arbeitsgruppe, wo das Thema weiter versanden wird. Schützenhilfe bekommt die schwarz-gelbe Regierung dabei ausgerechnet von den oppositionellen Sozialdemokraten. Auch die SPD-Spitzenpolitiker Sigmar Gabriel, Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier fordern zwar populistisch weiter die Einführung der Finanztransaktionssteuer, doch ausgerechnet den Hebel, den sie zur Durchsetzung haben, wollen sie nicht ansetzen.

In einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" fordern sie eine "Umsatzsteuer auf Finanzprodukte", um Investitionen bezahlen zu können, denn "neue Schulden und Kredite für Wachstumsinitiativen wären der falsche Weg". So stellt sich die SPD-Spitze nun hinter den Fiskalpakt der Bundeskanzlerin, um die Zustimmung nicht mit der Einführung einer Finanztransaktionssteuer verknüpfen zu müssen. Denn Angela Merkel benötigt für ihren Fiskalpakt eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag, dabei hat sie bisweilen nicht einmal mehr eine Kanzlermehrheit und ist auf SPD und Grüne angewiesen.

Damit wird deutlich, dass auch der SPD die Regulierung der Finanzmärkte zweitrangig ist, in der Europa in den vier Krisenjahren praktisch auf der Stelle tritt. Es wird nicht einmal eine Gegenfinanzierung für die erneute Ausweitung der Rettungsschirme auf nun 800 Milliarden Euro über eine Finanzmarksteuer gefordert. Denn hier ist die schwarz-gelbe Koalition erneut umgefallen und überschreitet die deutsche Haftungsgrenze von 211 Milliarden Euro deutlich. Für bis zu 420 Milliarden Euro könnte Deutschland einstehen und Berlin muss zudem in zwei Tranchen 2012 und 2013 jeweils 8,7 Milliarden Euro an den neuen permanenten Rettungsfonds (ESM) als Bareinlage überweisen, die angesichts der Schuldenbremse an anderen Ecken eingespart werden müssen.