Seoul will die Bürger zum Bücherlesen verführen

Der Bürgermeister will Hunderte neuer Bibliotheken bauen, um das Lesen in Büchern zu fördern

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Eigentlich soll ja allmählich die Kultur des gedruckten Buches zu Ende gehen - und damit auch das Zeitalter der Bibliotheken, in deren Räumen der materielle Körper der Bücher beherbergt wird. Für digitale Schriften etwa in Form von eBooks reichen Server, der Interessierte holt sich diese auf seine Geräte. Die Bibliothek als Ort, zu dem man geht, um sich Bücher auszuleihen oder sie dort zu lesen, verschwindet, was zur Folge haben sollte, dass die Zahl der Bibliotheken schrumpft oder diese nicht mehr nur der Buchkultur dienen, sondern andere Funktionen wichtiger werden.

Um so mehr erstaunt die Nachricht, dass gerade in einem fortschrittsbesessenem Land wie Südkorea der Bau zahlreicher neuer Bibliotheken geplant wird. So sollen in der Hauptstadt Seoul bis 2030 um die 500 neue Bibliotheken öffnen, um die Menschen zum Lesen zu ermuntern und ihnen einen einfacheren Zugang zu Büchern zu gewähren. Für die mehr als 10 Millionen Einwohner Seouls gibt es derzeit 868 Bibliotheken. Um zu gewährleisten, dass jeder Einwohner zu Fuß in höchstens zehn Minuten zu einer Bibliothek kommt, sollen es 1.372 werden - also lieber viele kleine, als wenige große. Damit will man auch zum OECD-Durchschnitt aufholen, wo 50.000 Menschen auf eine Bibliothek kommen, während es in Seoul 90.000 sind.

Der Bürgermeister Park Won-soon will die Einwohner auch dazu bringen, jährlich mehr als 20 Bücher zu lesen, wobei egal zu scheint, um welche es sich handelt. Sie sollen auch mehr als zwei Bücher besitzen, was offenbar heißt, dass damit wohl gedruckte Bücher und keine eBooks gemeint sind. Und man will zudem nicht nur die Qualität der schon existierenden Bibliotheken verbessern, sondern diese irgendwie zu sozialen Zentren machen, in denen natürlich lebenslanges Lernen stattfindet und so die Kompetenz der Menschen erhöht. Begründet wird dies vom Bürgermeister, da kommt dann doch auch wieder das digitale Zeitalter in Spiel, mit Bill Gates, der gesagt hatte, die Bibliothek in seiner Nachbarschaft habe ihn zu dem gemacht, was er ist. Aber das ist ja schon ein paar Jahrzehnte her, als es noch keine PCs und kein Internet gab.