Griechen brauchen mindestens neue 100 Milliarden Euro

Im Bundestag findet die schwarz-gelbe Regierung eine Mehrheit für ein neues Nothilfepaket

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Es wird wieder einmal eng um Griechenland. Und wie vor gut einem Jahr bei der ersten Nothilfe muss nun wieder auf der EU-Zirkusbühne eilig mit hohen Summen jonglierte werden. Die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) hat in ihrem Bericht deutlich gemacht, dass es erwartungsgemäß sogar bei den neuen 60 Milliarden Euro nicht bleiben wird, die Griechenland benötige. Viel mehr Geld wird benötigt, um das Land irgendwie über die nächsten Jahre zu hieven und um die nötige Umschuldung mit Schuldenschnitt noch etwas zu verschieben. Wie sich der Finanzierungsbedarf von mindestens 100 Milliarden Euro, es wird auch schon über 120 Milliarden gesprochen, mit dem positiven Urteil verträgt, das die Troika dem Land ausgestellt hat, ist wohl nur schwer zu vermitteln.

Die EU-Jongleure müssen nun schnell wieder die teueren Keulen schwingen, weil sonst die "unkontrollierte Insolvenz" droht, wie Finanzminister Wolfgang Schäuble mahnt. Die würde vor allem deutsche Finanzinstitute treffen, weshalb die Bundesregierung für ein neues Nothilfepaket für Griechenland wirbt. Wird das nicht gepackt, dann will der IWF die nächste Tranche aus dem ersten Nothilfepaket über 110 Milliarden nicht auszahlen, weil die Finanzierung nicht mehr für 12 Monate gesichert ist. Dann könnte Griechenland die Renten, Löhne… bald nicht mehr bezahlen und die Insolvenz mit massivem Schuldenschnitt (Haircut) käme schnell auf die Tagesordnung.

Doch ohne einen Haircut lässt sich schon jetzt sagen, dass auch die Nothilfe 2.0 mit mindestens 100 -120 Milliarden Euro nicht ausreichen wird, um das Land zu stabilisieren, wenn man es immer tiefer in die Rezession spart. Dazu braucht man die Daten nicht, über welche die Troika verfügt. Es reicht gesunder Menschenverstand. Wie sollen neue 100 Milliarden Euro das Land bis 2014 (drei Jahre) refinanzieren, wenn bisher 110 Milliarden nicht ausgereicht haben. Zudem steigen mit immer neuen Krediten die Verschuldung und die Zinslast. Mit der Rezession gehen weiter steigende Sozialkosten und Steuerausfälle einher, weshalb der strikte Sparkurs von Finanzexperten kritisiert wird.

Man darf gespannt sein, was aus der weichen Umschuldung wird, die Schäuble über eine Laufzeitverlängerung griechischer Staatsanleihen anstrebt, mit der er die privaten Gläubiger an der neuen Nothilfe beteiligen will. 30 Milliarden sollen demnach also Banken und Versicherungen durch den Umtausch in Anleihen mit längerer Laufzeit aufbringen. Doch was auch nur aus dieser lächerlichen Beteiligung privater Gläubiger wird, wenn die Lage in Griechenland wieder "alternativlos" wird, wenn sie und andere EU-Länder nicht mitmachen, bleibt abzuwarten.

Wie nicht anders erwartet, hat die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag heute ihrem Entschließungsantrag zugestimmt, mit der neue Hilfen aus Deutschland freigemacht wurden. Die neue Nothilfe soll an den absurden strengen Sparkurs und an die oben beschriebene Beteiligung privater Gläubiger geknüpft werden. So will die FDP "jetzt die Zügel der Kontrolle" anziehen, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Martin Lindner. Er fordert Sicherheiten, damit die "harten Sanierungsauflagen auch eingehalten werden". Er meint, ohne die strikte Auflagen werde aus Griechenland ein "Fass ohne Boden". Dabei sagen immer mehr Experten, die harten Sparauflagen seien dafür verantwortlich, dass das Land schon in ein solches Fass verwandelt wurde.