Neuer Angriff auf algerische Gasinteressen

Islamisten haben erneut an der Achillesferse des Landes angesetzt und eine Gaspipeline nur 80 Kilometer entfernt von Algier angegriffen

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Nicht tief in der Wüste, wie bei In Amenas, sondern nur etwa 80 Kilometer von Algier entfernt haben radikale Islamisten mutmaßlich eine algerische Gaspipeline angegriffen. Bei dem Angriff in Djebahia, 20 Kilometer westlich von Bouira, sollen schon am Sonntag zwei Wachmänner der Anlage getötet und sieben verletzt worden sein, hat die algerische Tageszeitung El Watan berichtet. Die Staatsfirma Sonatrach, welche die Pipeline betreibt, hat derweil mitgeteilt, bei dem Angriff seien die Anlage nicht beschädigt worden.

Die bis an die Zähne bewaffneten Islamisten hätten von einem nahen Olivenhain aus die Anlage mit Gewehren und Granaten beschossen. Ein heftiger Kampf soll sich über zwei Stunden hingezogen haben, in dessen Verlauf die Bewacher auch mit Panzerfäusten beschossen worden seien. Derlei direkte Angriffe im Norden des Landes sind unüblich, allerdings wurde zuletzt im Dezember 2011 ein Bombenanschlag ganz in der Nähe auf diese Pipeline verübt, bei der ein Bewacher getötet und zwei verletzt wurden.

Es ist offensichtlich, dass die radikalen Islamisten weiter an der Achillesferse des Landes ansetzen, denn das Land will die Förderung von Gas und Öl sogar ausweiten. Die Pipeline liefert Gas von der Gas-Förderanlage Tiguentourine bei In Amenas in Richtung Italien und Spanien, die sich dafür in Hassi R'Mel auftrennt. Algerien ist nach Russland und Norwegen der drittgrößte Gaslieferant Europas. 90% der algerischen Exporte fließen in den europäischen Markt, vor allem nach Südeuropa. Fast 97% aller Exporte aus Algerien beruhen auf Gas und Öl und sie machen 50% des Bruttoinlandsprodukts aus.

Ein Angriff im Norden, der viel stärker von den Sicherheitskräften des Landes kontrolliert wird, lässt die Ängste im Land und bei ausländischen Investoren steigen, dass die Lage in Algerien nun über das militärische Eingreifen Frankreichs in Mali immer unsicherer wird. Mit der Besetzung des Gasfelds hatten die Islamisten von Algerien gefordert, Frankreich die Überflugrechte zu entziehen. Tatsächlich denkt die Regierung in Algier schon darüber nach, weil eigene Interessen beeinträchtigt werden. Dass die Lage auch im Niger ungemütlicher wird, hat Frankreich schon eingeräumt, da es nun die Uranminen von Spezialeinheiten sichern lässt.

Ohnehin wird vermutet, dass der Einsatz im Mali auf die großen Ressourcen an Uran, Öl, Gold, Phosphat zielt. Die verschiedenen Investoren werden angesichts der kriegerischen Entwicklung allerdings zusehends unruhiger. Der große italienische Öl- und Gasversorger ENI hat Mitte Januar eingeräumt, dass man fünf Förderlizenzen in Mali zurückgegeben habe. Das Gebiet sei nicht viel versprechend genug, hieß es als Begründung. Offensichtlich glaubt ENI trotz der Erfolgsmeldungen aus Bamako und Paris nicht, dass es gelingt, die Lage im Land mittelfristig unter Kontrolle zu bekommen.

Inzwischen wurde nach Gao auch die bedeutsame Stadt Timbuktu im Norden des Landes von französischen und malischen Truppen unter Kontrolle gebracht.