Die "Klima-Kanzlerin" fällt mal wieder um

Die Bundesregierung gibt dem Druck der Industrie nach und behält die Entlastung von der Ökosteuer weitgehend bei, nun sollen die Raucher für den Ausfall der Steuereinnahmen herangezogen werden

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Bundeskanzlerin Merkel sprach von einer "Revolution" der Energiepolitik, als sie die mit den großen Energiekonzernen verabredete Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke ankündigte. Auch noch in ihrem Podcast vom Wochenende sprach sie von einer "ambitionierten" Energiepolitik.

Trotz der enormen Gewinne, die nun die Konzerne zu erwarten haben, haben die Stromkunden keine Aussichten, weniger für den Strom zu zahlen. Sinkende Kosten werden an die privaten Kunden nicht weiter gegeben, prompt aber die Erhöhung der Ökosteuer. Zudem werden in der Koalition die Stimmen laut, die weniger Einspeisung von erneuerbaren Energien verlangen, weil dies die von den Energiekonzernen zu wenig ausgebauten Netze überfordern würde.

Dass Merkel ihren Ruf als Klimakanzlerin längst ad acta gelegt hat, zeigt nun endgültig der Beschluss der Koalition, die Industrie mit hohem Energieverbrauch im Rahmen des "Sparpakets" weiterhin von der Ökosteuer weitgehend zu entlasten, angeblich um zu verhindern, dass Firmen aus Deutschland abziehen und Arbeitsplätze vernichtet werden. Ursprünglich war geplant, durch die schrittweise Beendigung der Ausnahmen von der Industrie 1,5 Milliarden Euro jährlich mehr an Steuern einzunehmen. Nachdem die Wirtschaft lamentiert und katastrophale Folgen an die Wand gemalt hat, ist Merkel wieder einmal umgefallen, was auch den Liberalen zu verdanken ist. Nun sollen von der Industrie nur noch 500 Millionen kommen, statt der geplanten 60 sollen 75 Prozent abgesetzt werden können.

Gegenfinanziert soll der Ausfall an Steuereinnahmen nun durch mehr menschliche Emissionen, nämlich durch eine Erhöhung der Tabaksteuer. Immerhin bleiben die Hartz-IV-Empfänger hier entlastet, schließlich sollen sie weder Rauchen noch Alkohol trinken, also ihr spätrömisch dekadentes Luxusleben einschränken. Dass Raucher stärker zur Kasse gebeten werden, ließe sich noch nachvollziehen, wenn es denn auch darum gehen würde, den Rauchkonsum zu senken. Als Lückenbüßer für den Ausfall anderer Steuereinnahmen dürfte dies aber kaum der Zweck sein – und das Prinzip, vor allem die Bürger zu belasten und den Interessen der von starken Lobbys unterstützten Gruppen nachzugeben, würde allerdings auch dann stimmen.