"Crazy Strandspiele"

Die Bundeswehr wirbt auf dem YouTube-Kanal der Zeitschrift Bravo

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Die Bundeswehr wirbt aktuell für kostenlose Ferienlager, mit denen sie nach dem Ende der Wehrpflicht Nachwuchs rekrutieren will. In den Reklameclip mit Bildern von Buffets, Planschvergnügen, Grillen, Tauziehen, Beach Volleyball, Ziplining, einer Ananas mit Sonnenbrille und bunten Schildern zur "Hauptbar", zur "Balibar" und zur "Ibiza Lounge" wirken diese Bundeswehr-Adventure-Camps optisch wie ein Urlaubsresort auf einer Suffinsel. Textlich bewirbt man die Veranstaltungen unter anderem mit Verweis auf "Action, Adrenalin, Abenteuer!", "Lagerfeuer-Partys" an einer "coolen Bundeswehrhütte", "krasse Wasserwettkämpfe" und "Crazy Strandspiele".

Würde man Veteranen der Schlacht von Iwo Jima oder der Landung in der Normandie fragen, ob sie sich an "Crazy Strandspiele" während ihrer Militärzeit erinnern können, dann bekäme man möglicherweise etwas anderes zu hören, als das, was die Bundeswehr mit dieser Wortkombination suggerieren will. Ralf Willinger, der Referent für Kinderrechte bei der Organisation Terre des Hommes befürchtet deshalb, dass Minderjährige durch die Werbung ein falsches Bild vom Militär bekommen könnten. Besonders stört ihn, dass die seiner Ansicht nach "einseitigen" Clips auch auf dem YouTube-Kanal der Zeitschrift Bravo laufen, deren Zielgruppe bei den Zehnjährigen anfängt. Deshalb hat er dazu aufgerufen, Protestmails an das Verteidigungsministerium und die Bauer Media Group, bei der die Jugendzeitschrift erscheint, zu schicken.

Sollten sich Zehnjährige von den Werbeclips tatsächlich so beeindrucken lassen, dass sie sich zum Kampfeinsatz melden und nachher aus allen Wolken fallen, wenn es dabei Tote gibt, dann ist jedoch möglicherweise nicht nur die von Willinger kritisierte "Einseitigkeit" der Reklame dafür verantwortlich, sondern auch ein übertriebener Jugendschutz, der sein Angriffsziel in den 1980er Jahren vom Sexuellen auf Gewaltfolgendarstellungen verlagerte, die er aus Medien verbannen will. Vielleicht sollte Terre des Hommes deshalb als Gegengewicht zu den Bundeswehr-Adventure-Camp-Spots einfach ein paar Anzeigen mit Szenen aus John Hustons Let There Be Light oder aus Gillo Pontecorvos La Battaglia di Algeri zeigen.