"Zu Fuß Gehende" statt "Fußgänger"

Verkehrsministerium gendert Straßenverkehrsordnung

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In den letzten Jahrzehnten hat sich die Genderei zu einem zeitsparenden Warnsignal für den Menschen entwickelt: Was damit versehen wird, ist im allgemeinen nicht nur schlecht lesbar, sondern auch inhaltlich uninteressant. "DemonstrantInnen", "Aktivist_innen", Pirat/innen" … zack, und ab in den Papierkorb damit.

Jetzt hat es mit der Straßenverkehrsordnung jedoch ein Dokument erwischt, dem ein paar mehr Leser gut tun würden – nicht nur unter den Radfahrern. Doch die Firefox-Extension zum Entgendern von Texten funktioniert bislang nur mit dem Binnen-I und nicht mit komplexeren (und noch hässlicheren) Formen, wie sie Volker Lempp vom Auto Club Europa einem "Studienabbrecher im Fach Germanistik" zumutmaßt, den er für Formulierungen wie "Zu Fuß Gehende" statt Fußgänger, "Wer ein Fahrrad führt" statt Radfahrer, "Fahrende von Rollstühlen" statt Rollstuhlfahrer und "Wer reitet, Pferde oder Vieh führt" statt "Reiter, Führer von Pferden sowie Treiber von Vieh" verantwortlich macht.

Im Bundesverkehrsministerium bestätigt man Telepolis jedoch weder diesen unbekannten Germanistikabbrecher, noch den in manchen Medien geäußerten Verdacht, es könne sich aufgrund des Zeitpunkts des Inkrafttretens der so gegenderten Vorschrift um einen Aprilscherz handeln. (Tatsächlich konnte man in den letzten Jahren den Eindruck gewinnen, dass besonders bizarre Änderungen gerne für den 1. April verkündet werden: Das 2003 verschärfte Jugendschutzgesetz beispielsweise, oder die neue GEMA-Abgabe für DJs.)

Eine Sprecherin von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) erklärt dagegen, man habe Änderungen zu Schildern, Radfahrregeln und Bußgeldern zum Anlass genommen, die Straßenverkehrsordnung "an das vom derzeit FDP-geführten Bundesjustizministerium herausgegebene "Handbuch der Rechtsförmlichkeit" anzupassen, das eine "geschlechtsneutrale Formulierung von Vorschriften" verlange. Dabei habe man auf einen "allgemeinverständlichen Sprachgebrauch" geachtet "um 'Juristendeutsch' oder "Fachjargon' zu minimieren. Das Ergebnis dieser Bemühungen zeigt sich unter anderem im Paragrafen 17 Absatz 2a, in dem es bislang hieß, dass "Krafträder […] auch am Tage mit Abblendlicht fahren müssen. Nun steht dort der (nach Ansicht des Ministeriums allgemeinverständlichere) Ersatz "Wer ein Kraftrad führt" - so dass niemand mehr auf die Idee kommen kann, sein Moped und nicht er selbst müsste die Scheinwerfer einschalten.