Sellafield muss in die Winterpause

Wiederaufbereitung erweist sich als volatil

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Bisher warf man lediglich Wind- und Sonnenkraftwerken vor, nach Wetterlage zu funktionieren. Am Freitag musste nun die Atomanlage Sellafield abgeschaltet werden. Denn auch in Großbritannien herrscht zur Zeit, wie bei uns, kaltes Winterwetter. 8.500 Mitarbeiter, der größte Teil der Belegschaft, wurde nach Hause geschickt.

Damit radioaktive Abwässer aus der Plutoniumproduktion und der Wiederaufbereitung schneller verdünnt werden, wurde die Anlage seinerzeit direkt an der irischen See errichtet. Diese exponierte Lage erweist sich jetzt als Nachteil, weil sie so auch den Winterstürmen starker ausgesetzt ist. Die Betreiberfirma Sellafield Ltd erklärte, es handele sich bei der Abschaltung um eine Vorsichtsmaßnahme. Die Anlage sei "sicher in einen Ruhezustand versetzt worden", es bestehe keine Sicherheitsgefahr.

Auf dem Gelände befinden sich nicht nur die Wiederaufbereitungsfabriken, sondern u.a auch das 2003 stillgelegte AKW Calder Hall, außerdem eine Verglasungsanlage für hochradioaktive Abfälle und eine Fabrik zur Herstellung von Uran/Plutonium-Mischoxid-Brennelementen. Außerdem lagert auf dem Gelände der Großteil des britischen Plutoniums. Dazu kommen noch die Reste des Reaktorbrands von 1957, der in einem der beiden Reaktoren für das damalige Programm zur Herstellung von waffenfähigem Plutonium-239 ausgebrochen war.

Nach 50(!) Jahren wurde 2007 ein Roboter vorgestellt, der den Reaktor nun Stück für Stück demontieren soll, insgesamt soll der Abriss so noch einmal 500 Mio. Pfund kosten und weitere 20 Jahre dauern. Und im selben Jahr gewann die EU-Kommission ihre Klage gegen Großbritannien, mit der sie endlich eine ordnungsgemäße Buchführung der radioaktiven Materialien und Vor-Ort Inspektionen durch die EU gemäß Euratom-Vertrag durchsetzen wollte.

Die britische Überwachungsbehörde National Audit Office (NAO) bezeichnete die Risiken auf dem Sellafield-Komplex als nicht tolerierbar. Die Betreiber hätten noch immer keine Langzeitpläne für den Umgang mit den radioaktiven Abfällen, Gebäude und Anlagen seien marode. Als Sanierungskosten nur der der kritischsten 12 Gebäude und Anlagen werden jeweils Kosten zwischen 21 Mio. und 1,3 Mrd. Pfund veranschlagt, für den Abriss der Gesamtanlage werden Zahlen von 67 Mrd. Pfund genannt.