Was ist nur aus dem Wochenende geworden?

DGB: Für eine wachsende Zahl an Beschäftigten gehören Samstag und Sonntag zu den Arbeitstagen

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Von der Mitte des 20. Jahrhunderts bis hinein in seine 80er Jahre musste man den Eindruck haben, dass die Arbeitszeiten immer kürzer werden. Zu den religiösem Feiertagen kam der immer öfter arbeitsfreie Samstag hinzu. Bei den Engländern hieß das weekend - und andere Nationen, z. B. die Franzosen übernahmen dieses Konzept zusammen mit dem Wort. Seit den 1990er Jahren ist allerdings ein entgegengesetzter Trend zu beobachten: Die Arbeitszeiten werden wieder deutlich länger. Das schlägt sich nicht nur in unbezahlten Überstunden während der Woche nieder, sondern auch am Samstag und Sonntag, wo der Papi längst nicht mehr nur den Kind gehört, das Mitte der 1950er Jahre von Gewerkschaftsplakaten lächelte.

Betroffen davon sind nicht nur traditionellen Wochenendberufe wie in der Gastronomie, bei den Rettungsdiensten, in den Krankenhäusern oder bei der Polizei. Die elektronische Kommunikation brachte es mit sich, dass auch andere Tätigkeiten, Administration, Büro, Dienstleistungen, immer mehr auch außerhalb der regulären Arbeitszeiten verrichten werden.

"Zwischen Arbeitswoche und Wochenende besteht für einen beträchtlichen Teil der Beschäftigten keine Grenze mehr. Die Wochenendarbeit wird zum Normalfall", konstatiert eine aktuelle Veröffentlichung des DGB mit dem Titel "Gute Arbeit: Stressfaktor Wochenendarbeit". Sie ist eine Sonderauswertung einer Umfrage unter 6.083 abhängig Beschäftigten. Sie wurden 2011 in einer Repräsentativumfrage befragt. Das Thema der Umfrage spricht für sich: "Arbeitshetze - Arbeitsintensivierung - Entgrenzung".

Demnach gibt es die Aussicht auf ein arbeitsfreies Wochenende nur mehr für ein Drittel der Beschäftigten. Ein knappes Drittel (32 Prozent) muss samstags und sonntags "hin und wieder" Berufliches erledigen, ein weiteres gutes Drittel (35 Prozent) macht dies "oft" (20 %) oder "sehr häufig" (15%).

Besonders oft sind es erwartungsgemäß Beschäftigte im Gastgewerbe (80 Prozent), die kein freies Wochenende kennen. Dazu kommen Beschäftigte im Handel, wo über die Hälfe (54%) sehr häufig oder oft am Wochenende arbeiten und der Sektor "Gesundheit und Soziales", bei dem die Hälfte am Wochenende sehr häufig oder oft Dienst tut. Im Bereich Erziehung und Unterricht sind es 40 Prozent. Laut DGB-Umfrage fallen vier Gruppen auf, die regelmäßig, also sehr häufig oder oft, am Wochenende arbeiten:

73 Prozent sind es in den Verkaufsberufen,
65 Prozent unter den Lehrkräften (unter den verbeamteten Lehrer sind es 76 Prozent)
und jeweils 60 Prozent in den Gesundheitsberufen und im Bereich der Sonstigen Dienstleistungen.

Überdurchschnittlich oft sind es die Geringverdiener, die am Wochenende arbeiten: die Beschäftigten mit einem Bruttoeinkommen von 801 bis 1.500 Euro im Monat. Deutliche Unterschiede zwischen Führungskräfte und Normalbeschäftigten, zwischen Eltern und Beschäftigten ohne Kinder fand die Umfrage nicht. Auch Beschäftigte, die neben ihrer Arbeit Hilfsbedürftige pflegen, können ähnlich selten mit einem freien Wochenende rechnen.

"Auch diese Gruppe bekommt durchaus nicht überdurchschnittlich oft durch ein Wochenende Entlastung, das frei von Berufsarbeit wäre. Unter den Arbeitnehmerinnen liegt der Anteil derjenigen, die sehr häufig oder oft am Wochenende arbeiten, bei den Pflegenden mit 40 Prozent sogar über dem der Nicht-Pflegenden, unter denen er 38 Prozent beträgt."

Die Umfrage bestätigt darüberhinaus das Phänomen, das sich im Alltagsleben häufig beobachten lässt: Wer ohnehin Überstunden macht, arbeitet auch öfter am Wochenende. Die Mühle der Werktage wird auch am Wochenende nicht verlassen:

"Sehr häufig oder oft gehetzt arbeiten 64 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sehr häufig am Samstag und/oder am Sonntag arbeiten, 60 Prozent der oft, 52 Prozent der selten und 40 Prozent der nie am Wochenende Arbeitenden."

Die Gewerkschaft appelliert an die Arbeitgeber, hier mehr Fürsorge für ihre Angestellten walten zu lassen: Sie müssten dafür sorgen, "dass die zum Teil erhebliche Kluft zwischen der vereinbarten und der tatsächlichen Arbeitszeit verringert wird". Bei hohen Arbeitsbelastungen brauche es "auch entsprechende Pausen und Erholzeiten".