Hilft der Mindestlohn aus der Krise?

Neue Studie zeigt die fiskalischen Auswirkungen der Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes in Deutschland auf, lässt aber die Beschäftigungseffekte außen vor

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Während 21 EU-Staaten, wie z.B. unsere Nachbarn Frankreich und die Niederlande einen flächendeckenden Mindestlohn eingeführt haben, tut man sich in Deutschland immer noch schwer damit. Es gibt keine verbindlichen Lohnuntergrenzen. Auch wenn in einigen Branchen bereits Mindestlöhne gültig oder wenigstens in Vorbereitung sind, arbeiten trotzdem noch viele Menschen ohne tarifliche Regeln. Löhne von 5 bis 7 Euro die Stunde sind dabei keine Seltenheit. Im Osten des Landes werden sogar Löhne unterhalb von 5 Euro gezahlt. Viele verdienen so wenig, dass sie trotz einer Vollzeitstelle staatlicher Unterstützung in Form von Sozialleistungen bedürfen. Das Nachsehen haben nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die Staatskasse.

Dabei hat das Prognos-Institut nun in einer vom Friedrich-Ebert-Institut beauftragten und in Berlin vorgestellten Studie vorgerechnet, dass die Einführung von Mindestlöhnen viele Probleme recht einfach lösen könnte. Ein Mindestlohn von 8,50 Euro in der Stunde würde bei den betroffenen Haushalten eine Erhöhung des Erwerbseinkommens um 14,5 Milliarden Euro bewirken. Damit könnte nicht nur die Kaufkraft dieser Haushalte gestärkt werden, es ergebe sich auch ein fiskalischer Effekt von 7,1 Milliarden Euro pro Jahr. Staatliche Unterstützungen wie ALGII oder Wohngeld könnten um 1,7 Milliarden Euro gesenkt werden und es entstünden zusätzliche Zahlungen von 2,7 Milliarden Euro in die klammen Sozialkassen. Nicht nur der Arbeitnehmer, auch der Staat würde also von einem Mindestlohn enorm profitieren. Auch die Einnahmen bei den Verbrauchssteuern würden steigen. Laut Studie um 700 Millionen Euro. Positiv betroffen von einem Mindestlohn um 8,50 Euro wären demnach fast 10 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland, von denen 1,2 Millionen derzeit sogar weniger als 5 Euro die Stunde verdienen.

Natürlich würde die Einführung von Mindestlöhnen nicht alle Probleme lösen. Für einige Marktteilnehmer würde ein Mindestlohn die Verteuerung ihrer Produkte bedeuten und damit die Wettbewerbsfähigkeit verschlechtern. Doch muss man in einem freien Markt Rücksicht auf Unternehmen nehmen, die nur Dank Dumpinglöhnen ihre Position behaupten können?

Die andere Frage ist: reichen 8,50 Euro überhaupt aus? Im ländlichen Vorpommern oder in der Oberpfalz mag man damit gut leben können, in Ballungsräumen wie Stuttgart oder München eher nicht. Da müsste der Mindestlohn wesentlich höher angesetzt werden. Doch auch daran hat man gedacht. Bei einem Stundenlohn von 12 Euro, würde der fiskalische Gewinn sogar mehr als 24 Milliarden Euro betragen. Welche tatsächlichen Auswirkungen das auf den Arbeitsmarkt und die Staatseinnahmen haben wird, ist allerdings unbestimmt, denn "mögliche Beschäftigungseffekte haben die Gutachter nicht selbst untersucht". Und verweisen zudem darauf, dass "die Wissenschaft keine eindeutige Aussage über mögliche positive oder negative Beschäftigungseffekte durch einen gesetzlichen Mindestlohn treffen kann".