Demonstranten fordern "Solidarität mit dem Oberbefehlshaber"

Pro-Guttenberg-Demonstration in Berlin von Guttenbergs Gegnern unterwandert

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Ein wenig hilflos waren sie schon, die wenigen Anhänger des, ihrer Meinung nach, von einer neidischen Meute aus dem Amt gehetzen Freiherrn Karl-Theodor zu Guttenberg. Denn sie waren nicht nur zahlenmäßig auffallend wenig, bedenkt man, dass der Verteidigungsminister a.D. sich angeblich großer Beliebtheit bei seinem Volk erfreuen soll. Zudem waren die vorwiegend älteren Guttenberganhänger, die sich da am Brandenburger Tor versammelt hatten, denkbar schlecht vorbereitet für eine Demonstration. Kein Plakat, kein Transparent, nicht das kleinste Erkennungsmerkmal brachten die Demonstranten auf ihre über das Internet angekündigte Veranstaltung mit. "Sind Sie wegen zu Guttenberg hier?" Diese Frage musste daher immer wieder gestellt werden, um Gleichgesinnte ausfindig zu machen.

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Guttenberg-Demo in Berlin. Foto: S. Duwe

Äußerst auffällig hingegen war der Auftritt von knapp 100 Kritikern des Freiherrn und seiner Anhänger, die das Schlachtfeld im Herzen Berlins ohne Gegenwehr übernehmen konnten. Mit einer großen musikalischen Bandbreite von Militärmusik über schmissige Liebeslieder an die Union bis hin zu Techno, Transparenten und Sprechchören forderten die Spötter "Solidarität mit dem Oberbefehlshaber". Guttenberg müsse Kaiser werden, denn "mit Gutti wird alles gutti" war auf Plakaten zu lesen. Dabei schreckten die Spötter auch nicht vor umstürzlerischen Parolen zurück. "Militärputsch jetzt!" gehörte zu den zentralen Forderungen. Auch die Legende vom hinterhältigen Überfall auf den Freiherrn aus den eigenen Reihen nahmen die Spötter aufs Korn. Der Dolchstoß-Lammert solle abtreten, so die Parole.

Die wenigen echten Anhänger von zu Guttenberg räumten im Gespräch mit Telepolis zwar ein, dass der Freiherr Fehler gemacht habe - aber es gehe darum, ihn als Verteidigungsminister zu bewerten. Damit liegen sie ganz auf der Linie, mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel lange Zeit versucht hatte, ihr Galapferd für den Wahlkampf im Stall zu halten. Das Verhalten der Presse, die "zu 70 Prozent von der SPD dominiert" sei, wie ein Demonstrant erklärte, wurde von allen Anhängern des Freiherrn scharf kritisiert. Es habe eine Hetzjagd gegeben, nachdem die Presse zu Guttenberg erst hochgeschrieben habe, wolle sie ihn nun in der Hölle sehen. Viele sahen in der Berichterstattung eine Neidkampagne, wobei einer der Guttenberg-Anhänger sogar so weit ging zu erklären, den Guttenberg-Kritikern fehle es an gutem Personal für die Kanzlerschaft, weil dies "alles nur Behinderte" seien.

Damit, dass sie selbst relativ unauffällig blieben, hatten zumindest einige von ihnen keine Probleme. Er wisse nicht, wer sonst noch auf Seiten der Guttenberg-Befürworter gekommen sei, so ein Demonstrant. Das interessiere ihn auch nicht. Wichtig sei, dass er selber da sei. Die Versammlungsfreiheit gelte für alle, deshalb sei die Aktion der Gegenseite ebenfalls in Ordnung. Das wollten jedoch nicht alle so sehen. "Die missbrauchen die Demokratie gegen Guttenberg", so ein besonders empörter Anhänger.

Auch in anderen Städten zogen vor allem Gegner von zu Guttenberg auf die Straße, um die Demonstrationen der Anhänger mit kreativen Parolen aufs Korn zu nehmen. Lediglich in Guttenberg waren die Anhänger des Freiherrn Herr über ihre eigenen Demonstrationen. Guttenbergs Vater Enoch sprach dort von einer "Menschenjagd" auf seinen Sohn, die ihm Angst mache.

In Berlin ist währenddessen eine Anhängerin zu Guttenbergs zu den Gegendemonstranten übergelaufen, tanzt und ruft ihre Parolen mit. Der ironische Unterton ihrer Mitdemonstranten ist ihr wohl entgangen.