Verwertungsdruck für die Tonne

Jedes Jahr landet weltweit ein Drittel der Lebensmittel auf dem Müll und das EU-Parlament stimmt weiter für eine möglichst hohe Biospritproduktion

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Die FAO, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, hat die aktuellen Zahlen zur Vernichtung von Lebensmitteln veröffentlicht. Danach landen jedes Jahr 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel auf dem Müll. 28 Prozent des weltweiten Ackerlandes werden so zur Herstellung von Nahrung genutzt, die nie gegessen wird. Diese Vernichtung kostet jedes Jahr direkt 565 Milliarden Euro, weggeworfenen Fisch und Meeresfrüchte noch nicht einmal mitgerechnet.

FAO-Chef da Silva nannte es untragbar, dass ein Drittel der Nahrungsmittel vernichtet wird, während gleichzeitig 900 Millionen Menschen hungern. In der zunehmend industrialisierten und globalisierten Landwirtschaft läuft also einiges schief in Sachen Überproduktion, Zugang zu Land und Lebensmitteln und Umweltschäden. Alleine in Indonesien vergrößerte sich die Anbaufläche für die Palmölmonokulturen seit der EU-Entscheidung von 2006 mit Einführung einer Beimischungspflicht von fünf Millionen Hektar auf jetzt 12 Millionen. Die weltweite Verdrängung von Kleinbauern wird jetzt noch zunehmen, nachdem das Europaparlament gestern die Beimischungsquote für Biosprit aus Lebensmittelpflanzen auf höchstmögliche 6 Prozent festgesetzt hat.

Nachdem mittlerweile jeder weiß, dass Biosprit weder sauber noch umweltfreundlich ist, hatten die EU-Kommissare für Klimaschutz und Energie eine Absenkung der alten 10 Prozent Quote auf fünf Prozent vorgeschlagen, der Umweltausschuss erhöhte auf 5,5 Prozent, doch die Ausschüsse für Industrie und Verkehr wollten 6,5 Prozent. Denn für die Agroindustriebetriebe bedeuten höhere Biospritquoten garantierten Absatz und der Verkehrsausschuss nutzt Biosprit, um Emissionen von Fahrzeugen schön zu rechnen und striktere Effizienzanforderungen an die Autoindustrie zu verhindern.

Dass die EU längst in einer selbstgemachten Subventionsfalle sitzt zeigt sich auch bei den ILUC-Faktoren, sie sollen die durch den Biospritpflanzenanbau verursachten Schäden zumindest teilweise mit in die Emissionsberechnung der Pflanzentreibstoffe einfließen lassen. Berücksichtigt werden sollen sie allerdings erst ab 2020 weil sonst Biodiesel schon heute vor dem Aus stände. Immerhin soll es noch einmal einen Anlauf für Biosprit der 2. Generation geben, sein Anteil soll mindestens 2,5 Prozent betragen. Damit erhalten synthetische Biokraftstoff aus Holzresten, Stroh und Abfällen doch noch eine Chance.

Bisher waren sie gegenüber der möglichen Doppelvermarktung bei Energiepflanzen der 1. Generation zu teuer und nicht konkurrenzfähig, denn z.B. ein Rapsproduzent kann nicht nur das Öl an Treibstoffproduzenten verkaufen, sondern auch den Presskuchen als Viefutter für die Fleischproduktion. Wovon, wie wir seit dem FAO-Bericht wissen, dann zwar ein Drittel weggeworfen wird. Aber irgendwie scheint sich das alles unter den derzeitigen Förderbedingungen für die Agrarbranche trotzdem zu lohnen.

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Lebensmittelproduktion und Anteil weggeworfener Lebensmittel. Bild: FAO Bericht