Bundesregierung antwortet nicht auf Fragen zu Nazi und BND-Mann Rauff

Neue Aktenfunde belegen Tätigkeit des Entwicklers der "Vergasungswagen" für den Bundesnachrichtendienst. Kleine Anfrage im Bundestag geht auf den Fall ein

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Gut 65 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs kommen immer neue Details über die Karrieren ehemaliger Nazi-Kriegsverbrecher ans Tageslicht. Nach Berichten im Spiegel und in der Bild, die sich beide auf freigegebene Geheimdienstakten berufen, arbeitete der ehemalige SS-Kommandeur und Gruppenführer im Reichssicherheitshauptamt zwischen 1958 und 1962 von Chile aus für den Bundesnachrichtendienst (BND).

Angeworden wurde er demnach Ende Oktober 1958 von einem ehemaligen Nazi-Bekannten, Wilhelm Beissner. In seiner neuen südamerikanischen Heimat habe Rauff während seiner Tätigkeit für den BND weitere Ex-Nazis angeworben und so ein eigenes Informantennetzwerk aufgebaut. Ziel der Einsätze war unter anderen die kubanische Revolutionsregierung nach dem Sturz der US-nahen Batista-Diktatur Anfang 1959.

Rauff war maßgeblich an dem Massenmord an den europäischen Juden beteiligt. Als SS-Standartenführer entwickelte er 1941 die so genannten Vergasungswagen: LKWs mit geschlossenen Kabinen, in die Abgase eingeleitet wurden, um die Insassen zu ersticken. Nach dem Krieg stand der hochrangige Funktionär unter anderem im Visier des Nazi-Jägers Simon Wiesenthal. Aus den nun veröffentlichten Akten wird ersichtlich, weshalb Rauff bis zu seinem Tod in Chile 1984 nicht zur Verantwortung gezogen werden konnte: Der BND zahlte ihm nicht nur 70.000 D-Mark Honorare, sondern stand ihm auch gegenüber den Strafverfolgungsbehörden in Chile finanziell zur Seite.

Bislang hält sich die Bundesregierung gegenüber dem Fall Rauf und anderen Nazi-Größen bedeckt. Allerdings ist nach wie vor eine Kleine Anfrage der Linksfraktion zu der Deutschensiedlung Colonia Dignidad in Chile anhängig. Darin wird auch der Fall Walter Rauff angesprochen. So heißt es in Frage 42: "Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, inwieweit der ehemalige Gruppenleiter im Reichssicherheitshauptamt Walter Rauff Kontakte zur Colonia Dignidad unterhielt, und wenn ja, welche sind dies?" In der Folgefrage heißt es: "Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse, dass Walter Rauff als Berater für die chilenische Militärregierung und den Geheimdienst DINA gearbeitet hat?" Beide Fragen sind bislang noch nicht beantwortet worden.