Die nachhaltige spanische "Kernenergie"

Die Krise führt in Spanien zur Nutzung von Olivenkernen zum nachhaltigen Heizen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Schon seit vielen Jahren setzen spanische Firmen wie Aceites Pina SA auf Olivenkerne, um Trocknungswärme im Produktionsprozess zu erzeugen. Die Kerne fallen als Abfall in der Firma an, die Tresteröl aus den Olivenresten löst. Zerkleinerte Kerne (Orujillo) erfreuen sich aber allgemein immer größerer Beliebtheit als Heizstoff. Denn ihr Heizwert liegt mit 4.200 kcal/kg so hoch wie der von Holzpellets, sie müssen dafür aber nicht komprimiert werden.

AnlagePina1.jpg
Anlage von Pina. Bild: R. Streck

Spanien hat ein riesiges Potential, da auf 2,2 Millionen Hektar Oliven angebaut werden. Beim weltgrößten Olivenölproduzenten fallen jährlich etwa 450.000 Tonnen Orujillo als nachhaltiger Brennstoff an. Um einen Liter Heizöl zu ersetzen, benötigt man davon nur zwei Kilogramm. Mit Olivenkernen können derzeit die Heizkosten auf etwa 20 Prozent gesenkt werden. Und die österreichische Firma KWB hat darin eine Marktlücke erkannt und Heizungen speziell auf Olivenölkerne ausgelegt.

Im andalusischen Jaén, das größte geschlossene Olivenanbaugebiet der Welt, hatte Pater Manuel Alfonso auf die Kernwärme gesetzt. Seit drei Jahren wir das Kloster und das Priesterseminar mit einer KWB-Anlage betrieben. Die Investition war mit 200.000 Euro für Heizung, Lagerraum und Kamin nicht billig. Doch bei einer jährlichen Ersparnis bei Brennstoffkosten von 70.000 Euro hat sich die Investition schon amortisiert. Insgesamt soll die Anlage 850.000 Euro Heizkosten in 15 Betriebsjahren sparen.

Zwar gäbe es auch andere Hersteller, die den Einsatz von Orujillo erlauben, doch nur KWB biete eine "Zertifizierung und Garantien", erklärt Miguel González. Er leitet die Firma "HCIB Ingeniería y Biomasa", die in Spanien die KWB-Heizungen vertreibt. Als Problem sieht er, dass es für Olivenkerne bisher keine Norm gibt und die Qualität sehr stark schwanke. Sichergestellt werden müsse aber, dass die Kerne von den Pressrückständen befreit und getrocknet wurden. Korrosive Stoffe wie Chlor oder Schwefel würden eine nicht speziell auf Olivenkerne ausgelegte Heizung "sonst in kurzer Zeit regelrecht auffressen", meint KWB. 60 Spezialheizungen sind in Spanien schon im Einsatz. Das hat dafür gesorgt, dass sich Unternehmen darauf spezialisiert haben, gereinigte Olivenkerne in hoher Qualität anzubieten. In Jaén ging in Baeza eine Anlage von Probiosur in Betrieb. 50.000 Tonnen Olivenkerne werden hier im Jahr gereinigt, gut 40.000 Tonnen Brennstoff entstehen. Investiert wurden gut eine Million Euro, die andalusische Regionalregierung subventionierte davon 25 Prozent.

Die Kerne sind für Jaén ein Hoffnungsschimmer, das in Spanien mit über 40 Prozent die höchste Arbeitslosigkeit aufweist. Allein hier stehen 60 Millionen Olivenbäumen auf einer Anbaufläche von 600.000 Hektar. KWB-Geschäftsführer Erwin Stubenschrott erklärte beim Besuch in Jaén, man trage dazu bei, "dass es zu weniger Kaufkraftabfluss in Spanien kommt, Arbeitsplätze in der Region geschaffen werden und der Umstieg von Öl und Gas vorangetrieben wird". Er ist sich dabei mit Francisco Reyes einig. Der Präsident der Provinzregierung betont: "Die Arbeit muss auf unseren Bergen und unserem Land in dem Meer aus Olivenbäumen geleistet werden."

KWB sieht sich in Spanien an die Situation im deutschsprachigen Raum erinnert, als Pellets und Hackschnitzel eingeführt wurden, und vermutet nicht nur in diesem Krisenland einen Wachstumsmarkt. Für Spanien sind die Kerne zudem eine Möglichkeit, seine enorme Energieabhängigkeit abzubauen. Das Sonnenland muss derzeit 79 Prozent seines Energiebedarfs importieren und liegt deutlich über dem EU Durchschnitt von 54 Prozent. EU-Energiekommissar Günther Oettinger hat mehrfach erklärt, es sei für Länder wie Spanien "billiger in erneuerbare Energien zu investieren, als Energie aus Algerien oder anderen Ländern zu importieren". Vorgerechnet wurde für Krisenländer auch schon, dass es einen Zusammenhang zwischen steigender Verschuldung und die Abhängigkeit vom Import fossiler Energieträger (Öl, Gas und Kohle) und anderer endlicher Rohstoffe gibt, worin eine Ursache für die Verschuldungsdynamik gesehen wird.