Sarkozy unter Verdacht

Die Zeitung Le Monde verdächtigt den Staatspräsidenten, dass er Redakteure vom Geheimdienst abhören ließ, um eine missliebige Quelle ausfindig zu machen

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Die französische Zeitung Le Monde hat Anzeige erstattet, gegen „X“. Der Inlandsgeheimdienst (DCRI), auch als französisches FBI bezeichnet, hat nach Informationen der Zeitung Redakteure abgehört. Der Geheimdienst war auf der Suche nach einer Quelle, die der Zeitung politisch hochbrisante Interna über ein Zusammenspiel zwischen der Milliardärin Bettencourt und dem früheren Haushalts- und jetzigen Finanzminister Eric Woerth zukommen ließ (siehe dazu "Die Oberschicht ist die einzige Klasse, die noch wirklich kollektiv und solidarisch funktioniert"). Folgt man der Darstellung der Zeitung so weist die Spur „X“ eindeutig in Richtung Präsidentenpalast. Vieles spreche dafür, dass der Staatspräsident Sarkozy selbst in die Sache verwickelt ist.

Der Elysée-Palast dementierte zwar umgehend, dass ein solcher Auftrag erteilt wurde und bestritt jegliche Verbindung. Le Monde erwähnt demgegenüber Eingeständnisse des DCRI-Chefs Bernard Squarcini gegenüber dem Magazin Nouvel Observateur. Demnach habe es einen Aufklärungsauftrag an den Inlandsgeheimdienst gegeben, die undichte Stelle in Erfahrung zu bringen. Der Zeitungsbericht verweist auf enge persönliche Verbindungen zwischen Sarkozy und Squarcini.

Darf ein Staatschef den Geheimdienst dazu benützen, um in einem Skandal tätig zu werden, der als brisant gilt, der aber mehr die Interessen seiner Partei berührt als das Interesse seines Landes, fragt die Zeitung gleich zu Anfang ihres Berichts und erklärt, dass man Anzeige erstattet habe - wegen Verletzung des Quellenschutzes. Die Motive seien vor allem parteipolitischer Natur, so die Zeitung. Wer die Quelle genau ist, die angeblich enttarnt wurde, darüber wird nun in den französischen Medien spekuliert. Spekuliert wird aber auch darüber, welche trifftigen Beweise die Zeitung für ihre Vorwürfe hat.

Für Vertreter der Regierungspartei, wie etwa deren Generalsekretär Xavier Bertrand, steht fest, dass die Zeitung ohne Beweis agiert, dass es keine Intervention seitens des Präsidentenpalastes gegeben habe und der „schwere Rechtsbruch“ eindeutig beim Berater der Justizministerin liege. Die Gegenkandidatin Sarkozys beim Präsidentschaftswahlkampf, Ségolène Royal (PS), hält es dagegen durchaus für möglich, dass Sarkozy den Geheimdienst in eigener persönlicher Sache benutzt. Verwiesen wird in diesem Zusammenhang darauf, dass Sarkozy schon mehrmals im Verdacht stand, den Geheimdienst in Angelegenheiten beschäftigt zu haben, die weniger mit der inneren Sicherheit als mit persönlicheren Dingen zu tun hatten.

Zum Beispiel als es Gerüchte gab, wonach seine Ehe durch Affären gefährdet sei. Die Gerüchte wurden damals von britischen Zeitungen lanciert. Laut Le Monde wurde die Einschaltung des Geheimdienstes zur Aufklärung, wer hinter dem “Gerücht“ stecke“, von „Ministern und Beratern“ des Präsidentenpalastes damit begründet, dass es dabei um "Destabilisierungsversuche aus angelsächsischen Finanzkreisen" ging, die möglicherweise damit zu tun hatten, dass Frankreich damals im Begriff war, die Präsidentschaft des G8-Gipfels zu übernehmen.