Illegale Filesharer kaufen mehr Musik

Unter denen, die Musik via nicht-lizentierte Kopien hören, finden sich laut einer britischen Umfrage auch die, die mehr Geld für Musik ausgeben

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"Es muss klar sein, dass die Zeiten vorbei sind, da Urheberrechtsverstöße, die auf breiter Front im Netz begangen werden, folgen- und straflos bleiben", mit diesen Worten kündigte der britische Wirtschaftsminister Peter Mandelson Mitte vergangener Woche härtere Maßnahmen gegen illegale Filesharer an.

Wie in Frankreich soll auch in Großbritannien bald das Three-Strikes-Verfahren gesetzlich verankert werden: zwei Warnbriefe, danach kommen "technische Maßnahmen" zum Einsatz. Als "letzten Ausweg" will jetzt auch Mandelson unbedingt die Internetsperre für Filesharer, die sich nicht um Urheberrechte scheren. Lange Zeit wollte man in Großbritannien nichts von Sperren wissen und diskutierte Bandbreitendrosselung u.ä. als angemessene Strategie, der Umschwung, so heißt es vielerorts, kam nach dem Treffen Mandelsons mit dem Produzenten David Geffen im August auf Korfu. Danach war plötzlich vom Three-Strikes-Modell die Rede.

In der Öffentlichkeit wurde das nicht immer so angenommen, wie sich Mandelson das vorstellte; bekannte Musiker wehrten sich gegen die Vereinnahmung (siehe Herren und Knechte, die Briten zeigten sich bei Befragungen wenig begeistert von den Sperren und gaben in großer Zahl an, dass ein entsprechendes Programm sich negativ auf ihre Wahlentscheidung auswirken könnte.

Vergangene Woche stellte Mandelson seinen exakten Zeitplan vor: Im April 2010 soll das Digital-Economy-Gesetz, in dem die Three-Strikes-Strategie verankert werden soll, in Kraft treten. Mindestens ein Jahr lang soll die britische Regulierungsbehörde Ofcom zunächst prüfen, ob Warnbriefe auch ohne eine Umsetzung der Zugangssperre einen Rückgang der Verbreitung illegaler Kopien bewirken. Sollte sich bis dahin kein Rückgang um 70 Prozent einstellen, sollen ab Sommer auch Sperren des Anschlusses möglich sein.

Eine Umfrage, die heute vom Independent und anderen Publikationen an prominenter Stelle veröffentlicht wird, zeigt nun einen möglichen Haken der "abgestuften Erwiderung" auf die "Internet-Piraterie". Zwar zeigen sich laut Befragung, die vom Think-Tank Demos in Auftrag gegeben wurde, 61 Prozent der Befragten für die "pädagogische" Botschaft der angedrohten Sperren empfänglich, indem sie behaupten, sie würden die Urheberrechtsverstöße lassen, wenn ihnen eine Sperre von einem Monat angedroht würde.

Allerdings könnte die "pädagogische Wirkung" auch über das Ziel hinausschießen, suggeriert die Umfrage: Denn es zeigt sich, dass die illegalen Filesharer auch am meisten Geld für Musik ausgeben - und dass ihre Konsumlust von der härteren Gangart, die von der Musikindustrie in allen Ländern empfohlen wird, abgeschreckt werden könnte. Laut Umfrage zahlten Personen, die unlizentiertes Kopieren zugegeben hatten, durchschnittlich 77 Pfund jährlich für Musik; bei denen, die niemals gegen Urheberrecht verstoßen, um neu Musik zu hören, lagen die jährlichen Musikkonsumausgaben bei 33 Pfund.