GEMA hindert alte Leute am Tanzen

Nach einer Verdreifachung der Abgabenforderung muss ein Hotel in Kaarst-Büttgen einen Seniorennachmittag stoppen

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Kaarst ist ein 42.000-Einwohner-Städtchen im Rhein-Kreis Neuss. Dort gibt es zwar viele Sportvereine - aber nur begrenzt Angebote für ältere Leute, die häufig aus gesundheitlichen Gründen weniger mobil sind als jüngere. Susann Losseff, die Betreiberin des Hotels Sportforum im Ortsteil Büttgen veranstaltete deshalb an jedem ersten Donnerstag im Monat Tanzachmittage, bei denen ein Pianist Foxtrott und andere von Senioren geschätzte Musikgattungen zum Besten gab. Die Veranstaltung kostete kein Eintrittsgeld, lediglich ein Mindestverzehr von 4,50 Euro pro Person wurde erwartet.

Damit machte Losseff nach eigenen Angaben bewusst kein Geschäft, sondern wollte "nur ein paar Menschen helfen". Dies ging allerdings nur so lange gut, bis ein Kontrolleur der Musikverwertungsgesellschaft GEMA einen Aushang für die Seniorentänze zu Gesicht bekam. Danach erhöhte er dem Hotel aufgrund der karitativen Veranstaltung die monatliche Abgabe von 50 auf 150 Euro.

Vor die Wahl gestellt, ein Eintrittsgeld zu verlangen, das sich viele ältere Menschen nicht leisten können, und die GEMA-Kosten durch einen Verzicht auf die Veranstaltung auf den alten Stand zurückzufahren, entschied sich Losseff schweren Herzens für die letztere Option. Unter den regelmäßigen Gästen der Veranstaltung diskutierte man, ob die Gründung eines Vereins und geschlossene Gesellschaften ein Ausweg aus dem Dilemma sein könnten, verwarf diese Idee aber schnell wieder.

In den FAQs der GEMA heißt es nämlich, ob Veranstaltungen von geschlossenen Gesellschaften vergütungspflichtig sind, sei "eine Frage des Einzelfalls". Konkret nimmt sich die Verwertungsgesellschaft die Freiheit, auch einen "im allgemeinen Sprachgebrauch als 'geschlossene Gesellschaft' bezeichneten Personenkreis" als "im Sinne des Urheberrechts […] öffentlich" zu werten. Entwarnung gibt man lediglich für "Veranstaltungen im engsten Familien- oder Freundeskreis" wie Geburtstagsfeiern und Hochzeiten - für Vereinsfeste will die GEMA dagegen Geld sehen.