Atomrenaissance ist nicht in Sicht

Erneut platzt offenbar ein Kernkraftwerksdeal der RWE in Bulgarien.

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Obwohl allüberall die Renaissance der Atomkraft heraufbeschworen wird, sieht es in der Realität gar nicht gut für die Dinosauriertechnologie aus. Den Neubau von zwei neuen Meilern in Bulgarien, auf die RWE gesetzt hatte, wird es offenbar nicht geben. Die Financial Times Deutschlang Energie-RWE-scheitert-mit-Atompl%E4nen/550452.html: berichtet, dass damit in Bulgarien in nur zwei Wochen der zweite Kernkraftwerksdeal des RWE-Konzerns geplatzt ist.

Nachdem ein niederländisches Gericht dem Essener Konzern in einem Eilverfahren den Einstieg bei Borssele, dem einzigen Reaktor Hollands, verwehrt hat, bricht nun in Bulgarien für RWE offenbar ein zentrales Projekt weg. Der Stromriese ist mit 49 % am bulgarischen Kraftwerk Belene beteiligt. Hier sollten zwei neue Meiler mit je 1000 Megawatt für mindestens vier Milliarden Euro gebaut werden, um den Ausfall durch die Abschaltung der Blöcke in Kosloduj aufzufangen (dazu siehe auch: "Bulgarien braucht das AKW Belene nicht"). Daraus wird wohl nichts: "Die Finanzierung ist nicht gelungen", zitiert die FTD eine mit den Vorgängen vertraute Person. Das wäre ein weiterer schwerer Rückschlag für RWE, denn die Essener sind Europas größter Emittent des Klimagases Kohlendioxid und brauchen dringend scheinbar CO2-freie Kraftwerksleistung. Sonst drohen nach 2012, wenn Belene ans Netz gehen sollte, Millionensummen für den Zukauf von Emissionsrechten.

Andere, wie Siemens, haben da schon teilweise umgesteuert. Siemens ist längst aus dem Joint Venture mit der französischen Areva NP ausgestiegen. Der Name taucht nun im Desertec-Projekt auf, um im großen Stil Solarstrom aus Nordafrika nach Europa zu leiten. Dass Siemens aus dem EPR ausgestiegen ist, kann wegen der Probleme mit dem "Verkaufsschlager" nicht verwundern. Der Neubau im finnischen Olkiluoto verzögert sich wegen Pannen immer weiter und die Baukosten schießen in die Höhe. Und kürzlich hat die britische Atomaufsichtsbehörde den Sarkozys Plänen, Frankreich zu einer Energiegroßmacht zu machen, worin die Renaissance der Atomkraft und der EPR eine Schlüsselrolle zukommen soll, weitere Steine in den Weg gelegt. Es wurden Sicherheitsbedenken geäußert, die das zentrale Steuerungssystem betreffen, das auch in Finnland schon kritisiert wurde. Auch auf der Insel könnten die Planungen der RWE also weitere Probleme bekommen, denn hier ist der Konzern an zwei Grundstücken für den Bau von Kernkraftwerken beteiligt.

Tatsächlich ist die Atomkraft, die einige mit aller Kraft reaktivieren wollen, auf dem absteigenden Ast. So stellten die Spezialisten des angesehenen Massachusetts Institute of Technology (MIT) fest, dass sich die Entwicklung der Atomkraft nicht beschleunigt, sondern verlangsamt. Nur in China, Indien und Korea wird derzeit einigermaßen systematisch die Atomenergie ausgebaut, ansonsten gäbe es "wenige feste Baubeschlüsse“, zeigt ein MIT¬Report auf. Mit dem Aus von Belene nimmt der Abstieg nun weiter an Fahrt auf. Bei der Internationale Atomenergieorganisation IAEA sind gerade einmal 48 Atomreaktoren als "im Bau" gemeldet, davon 13 schon seit mehr als 20 Jahren. Bei 24 Meilern gibt es nicht einmal ein offizielles Datum für die Betriebsaufnahme. Belene sollte angeblich 2012 ans Netz gehen.

Die FTD schreibt: "Das Ende des bulgarischen Reaktorzwillings in Belene ist aber so gut wie besiegelt." Die neue konservative Regierung hatte ohnehin schon öffentlich eine kritische Überprüfung des Projekts angekündigt. "Wir müssen die Frage beantworten, ob Bulgarien diese Erzeugungskapazität überhaupt braucht", sagte Wirtschaftsminister Traicho Traikov und zweifelte die Wirtschaftlichkeit der Meiler an.