Zensur durch Arbeit

Die dänische Bahn nutzte eine originelle Methode, um kritische Berichterstattung über sich zu unterbinden

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In unfreien Ländern werden Journalisten mit körperlicher Gewalt auf Kurs gebracht. In bedingt freien gibt es Einrichtungen wie den Fliegenden Gerichtsstand. Und in ziemlich freien Ländern wie Dänemark müssen sich große Unternehmen etwas einfallen lassen, wenn sie kritische Berichterstattung über sich einschränken wollen. Die dänische Bahn (Danske Statsbaner, oder kurz: DSB) kam dabei auf die Idee, den früher auf sie spezialisierten Investigativjournalisten Lars Abild über die PR-Agentur Waterfront so mit anderer Arbeit zu überhäufen, dass er für das Aufdecken von Bahnskandalen keine Zeit mehr hatte.

Der Freiberufler hatte vorher selbst zahlreiche Bahnthemen gesucht, entdeckt und Medien angeboten: unter anderem über die schlechte Behandlung von Fahrgästen, nicht funktionierende technische Anlagen, unfähige Führungskräfte und krasse Geldverschwendung bei Investitionen. Ein besonderer Dorn im Auge waren der DSB-Führung seit 2005 Abilds mit fundierten Zahlen untermauerte Warnungen vor dem (2011 abgeblasenen) Versuch des Unternehmens, ein "internationaler Player" zu werden.

Erst versuchte man, Abbild mit Verleumdungen zu stoppen, was dazu führte, dass eine Fernsehdokumentation nicht ausgestrahlt wurde. Im Herbst 2009 entwickelte das Bahn-Management schließlich das nun über eine E-Mail bekannt gewordene "nachhaltigere" Ausschaltungsverfahren, in das sie mehrere Hunderttausend Euro investiert haben soll. Weil sich die dänische Bahn in Staatshand befindet und mit jährlich vier Milliarden Kronen subventioniert wird, kam das Geld nicht nur von den Fahrgästen, sondern auch vom Steuerzahler.

Der dänische Verkehrsminister Henrik Dam Kristensen, ein Sozialdemokrat, gab sich nach dem Bekanntwerden des Vorfalls überrascht, zog aber bislang keine Konsequenzen. DSB entließ lediglich einen Abteilungsleiter und kündigte eine "unabhängige Untersuchung" an. Abild reicht dies nicht: Er will Strafanzeige wegen eines Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz stellen, weil sich DSB und Waterfront während der Planung und Durchführung ihrer Zensur durch Arbeit auch sehr intensiv über seinen Gesundheitszustand unterhielten.