Zeitgemäßeres Farmville

Wiener Entwickler zeigen mit dem Spiel Data Dealer, wie die dunklere Seite der Online-Wirtschaft funktioniert

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Vor langer Zeit funktionierte Wirtschaft tatsächlich einmal so ähnlich wie im Facebook-Spiel Farmville: Man produzierte Lebensmittel – und wenn sie gediehen, war alles gut. Heute sichern die meisten Menschen ihr Auskommen auf andere Weise. Zum Beispiel durch Datenhandel. Wie der funktioniert, zeigt das von den vier Wienern Wolfie Christl, Pascale Osterwalder, Ralf Traunsteiner und Ivan Averintsev entwickelte Data Dealer, von dem gestern die erste Demo-Version erschien.

In dem Spiel, das auch Elemente von Mafia Wars und Cityville parodiert, muss sich ein kleiner Datenhändler langsam von unten her hocharbeiten, indem er beispielsweise Gewinnspiele, Rabattkarten oder Online-Psycho-Tests anbietet. Die Datensätze, die er damit anlegt, werden von privaten Krankenversicherungen oder Handyanbietern gekauft, die wissen wollen, ob eine bestimmte Person ein gutes Geschäft verspricht oder eher nicht. Je umfassender und detaillierter die Datensätze sind, desto begehrter und teurer werden sie. Dafür muss aber investieren - zum Beispiel, indem man unterbezahlte Krankenpflegerinnen mit Geld dazu bewegt, Daten herauszugeben, die ihr Arbeitgeber sammelt.

Wenn man bekannt wird und das Image durch Proteste von Datenschützern und Enthüllungen in Medien leidet, dann heißt es flugs Geld in PR-Kampagnen stecken, mit denen das eigene Bild in der Öffentlichkeit korrigiert und das der Kritiker beschmutzt wird. In der fertigen Version mit Multiplayer-Modus und Spielstandspeicherung soll es auch das Mobbing von Datenschützern als Option geben. Richtig erfolgreich ist ein Datenhändler in dem Spiel, wenn er über sein eigens soziales Netzwerk verfügt. Sollten die vier Wiener das mit 3.000 Arbeitsstunden programmierte und unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlichte Spiel tatsächlich wie geplant auch in einer englischsprachigen Fassung anbieten, könnte interessant werden, wie Facebook auf diese sehr offensichtliche Kritik reagiert – und ob die Firma die Integration des Spiels auf der Plattform tatsächlich erlaubt.