PT-Kandidatin muss in Brasilien in die Stichwahl

Dilma Rousseff kam nur auf 47 Prozent der Stimmen. Rechter Kandidat dennoch ohne Chancen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

In Brasilien haben sich am Sonntag die Befürchtungen aus dem Lager des regierenden Präsidenten Luiz Inácio "Lula" da Silva bestätigt: Die Kandidatin des ehemaligen Gewerkschafters, Dilma Rousseff, kam bei dem Präsidentschaftswahlen nicht auf Anhieb auf die notwendigen 50 Prozent der abgegebenen Stimmen. Am Ende des mit Spannung erwarteten Wahltages fehlten nur drei Prozent zum direkten Sieg. Politische Beobachter zweifeln zwar nicht am letztlichen Triumph der 62-Jährigen. Dennoch beherrscht am Tag nach der Wahl der hohe Stimmanteil der Kandidatin der Grünen Partei, Marina Silva, die Debatten. Die 52-jährige ehemalige Ministerin "Lulas" konnte knapp 20 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Der konservative Kandidat und Oppositionsführer José Serra kam auf knapp 33 Prozent.

Marina Silva hatte sich 2008 aus Enttäuschung über die Umweltpolitik der brasilianischen Regierung aus dem Kabinett Da Silvas zurückgezogen. Im Wahlkampf setzte sie radikal auf das ihr seither anhaftende Image einer Rebellin. Gestützt ist diese Darstellung auch durch ihre Biografie: Wie der beliebte "Lula" stammt sie aus einer extrem armen Familie aus dem Nordosten des südamerikanischen Megastaates. Wie der scheidende Präsident machte sie zunächst Karriere in der Gewerkschaftsbewegung, um dann erfolgreich in die Politik einzusteigen.

Doch auch die Regierungskandidatin Dilma Rousseff, Tochter bulgarischer Einwanderer, gilt als Kämpferin. "Dilma", wie sie in Brasilien schlicht genannt wird, gehörte in der Zeit der Militärdiktatur von 1964 bis 1985 der Guerillabewegung an. In Studentenzeiten gab sie Kommilitonen Seminare in Marxismus. Später fiel sie in die Hände der Polizei, wurde inhaftiert und gefoltert. Erst nach zwei Jahren kam sie wieder frei.

Die Stichwahl am 31. Oktober wird damit ein Kampf zweier starker Frauen. Der Oppositionsführer Serra hat dabei kaum eine Chance. Mit Spannung wird nun erwartet, wie sich Marina Silva vor der zweiten Runde verhält. Beide Lager – das der Arbeitspartei (PT) von Da Silva und Rousseff sowie das der Konservativen – umwerben die Grünen-Kandidatin heftig, die schon mit der 1988 ermordeten Legende Chico Mendez gegen die Abholzung des Regenwaldes kämpfte. An einen Sieg Rousseffs zweifelt dennoch niemand. Die PT verfügt trotz wachsender Differenzen über die unentschiedene Wirtschaftspolitik über einen starken Rückhalt in der Gewerkschafts- und Landlosenbewegung. Diese Basis wissen "Lula" und "Dilma" zu mobilisieren.