Zunehmendes Armutsrisiko in Deutschland

Betroffen sind besonders Kinder, junge Menschen und Alleinerziehende

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Passend zur Hartz-IV-Diskussion und dem sozialistischen Deutschland, das nach Westerwelle spätromisch (?) "anstrengungslosen Wohlstand" durch Ausbeutung der Leistungsträger garantiert, hat nun das Deutsche Institut für Wirtschaft eine Studie veröffentlicht, nach der die Zahl der Armutsgefährdeten weiter steigt. 14 Prozent der deutschen Bevölkerung oder 11,5 Millionen Menschen leben nach den für die Studie ausgewerteten Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) unter der Armutsschwelle, was heißt, dass sie weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben (Der Median der nominalen bedarfsgewichteten Haushalts-Nettoeinkommen 2007 betrug 18 500 Euro oder 1 542 Euro pro Monat, nach der OECD würde eine Alleinerziehende mit einem Kind mit weniger als 1.203 Euro unter der Armutsschwelle liegen). Das ist nach den Angaben des DIW ein Drittel mehr als vor 10 Jahren. Dagegen ist es nach 2000 bis 2006 "zu einer signifikanten Steigerung der Einkommenskonzentration" und damit zu einer "Polarisierung der Einkommensverteilung hin zu den Rändern" gekommen, während die mittleren Einkommen geschrumpft sind..

Besonders betroffen sind Kinder und junge Erwachsene, während ältere Menschen ein geringeres Armutsrisiko haben. Das weist darauf hin, dass die Probleme mit der Altersarmut erst wirklich auf uns zukommen. Deutschlich stärker von Armut betroffen sind auch die Menschen in den ostdeutschen Bundesländern. Unter den 19-25-Jährigen lebte 2008 ein Viertel unter der Armutsschwelle., in dieser Altersgruppe stieg das Armutsrisiko auch während der letzten 10 Jahre am stärksten an. Ursache ist hier freilich auch, dass der Einstieg ins Berufsleben, sofern er denn stattfinden kann, sich durch längere Ausbildung oder einen erhöhten Anteil an Studenten später stattfindet. Dazu kommen "schlecht bezahlte Praktika und prekäre Arbeitsverhältnisse" für die Arbeitseinsteiger, es werde auch das Elternhaus früher verlassen. Allerdings scheint dieser Trend sich nach anderen Studien wieder umzukehren.

Bedenklich ist vor allem, dass das Armutsrisiko mit der Zahl der Kinder stiegt und Alleinerziehende besonders betroffen sind. "Gegenüber 1998 ist das Armutsrisiko kinderreicher Haushalte beträchtlich gestiegen", so Joachim Frick, einer der Autoren der Studie, "und das, obwohl der Ausbau der Kinderbetreuungsplätze und das Elterngeld diese Entwicklung bereits entlastet haben." Mit über 40 Prozent weisen Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern ebenfalls weit überdurchschnittliche Armutsraten auf. "Das hohe Armutsrisiko in Kindheit und Jugend beeinträchtigt die Entwicklungsmöglichkeiten im weiteren Lebensverlauf", warnen die Autoren der Studie.

"Höhere Hartz-IV-Sätze reduzieren zwar Einkommensdefizite", sagt Markus Grabka, einer der Autoren der DIW-Studie, "sinnvoller erscheinen uns aber Investitionen in Kinderbetreuung und in verbesserte Erwerbschancen für Alleinerziehende und Familien mit jungen Kindern." Die allgemeine Anhebung des Kindergelds und des Kinderfreibetrags wird von den Autoren kritisiert, da es hier "an Zielgenauigkeit mangelt", vor allem die Hartz-IV-Empfänger davon nichts abgekommen, die es am dringendsten benötigen würden, und die Wohlhabenden am stärksten davon profitieren. Vorgeschlagen wird auch der Ausbau an Betreuungseinrichtungen - und natürlich sollten die "Erwerbschancen für Alleinerziehende und Eltern junger Kinder" verbessert werden.