Ohne Gerechtigkeit läuft gar nichts

Indiens Umweltminister fordert mehr Ehrlichkeit in den Klimaverhandlungen und spricht von Vertrauensverlust

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Der indische Umweltminister Jairam Ramesh hat in einem Interview mit der britischen Zeitung Guardian die Versuche einiger westlicher Regierungen zurückgewiesen, China die Schuld für das Scheitern der Klimakonferenz in Kopenhagen in die Schuhe zu schieben. Die Kompromisssuche sei zusammengebrochen, als in der ersten Konferenzwoche ein Entwurf der dänischen Regierung durchsickerte und vom Guardian veröffentlicht wurde. Dadurch sei alles Vertrauen zerstört worden. Die seinerzeitige dänische Umweltministerin Connie Hedegaard habe das ihm gegenüber kürzlich bestätigt. Hedegaard, die als Gastgeberin einige Verantwortung für das Scheitern trug, war nach der Konferenz von den EU-Mitgliedern zur neuen Brüsseler Klimaschutz-Kommissarin gemacht worden. Wenn das keine Aussage über die Ernsthaftigkeit der europäischen Politik ist...

Nach der Kopenhagener Konferenz hatten verschiedene europäische Politiker behauptet, China hätte alle festen Zielvorgaben blockiert, auch einen Vorschlag der Bundeskanzlerin über Ziele bis 2050, die nur für die Industriestaaten gegolten hätten. Ramesh weist diese Kritik gegenüber der Zeitung als intellektuelle Heuchelei zurück. Die Ziele für die Industriestaaten hätten automatisch den "Kohlenstoff-Raum" für die anderen Länder eingeschränkt. Gemeint ist damit, dass die Ziele automatisch den Betrag an Emissionen beschnitten hätten, den die Entwicklungsländer noch ausstoßen können, ohne dass die Zwei-Grad-Linie überschritten wird. Letztes Jahr hatte eine Gruppe Wissenschaftler festgestellt, dass die Menschheit bis 2050 noch 1.000 Milliarden Tonnen CO2 emittieren kann, wenn die globale Erwärmung auf zwei Grad Celsius beschränkt werden soll.

"Ich habe zu (Merkel) gesagt", so Ramesh, "'Madam, wir sind nicht gegen globale Ziele, aber wir brauchen Klarheit, wie Gerechtigkeit in Sachen des Kohlenstoffraums sicher gestellt werden kann.'" Das sei auch heute noch die große Frage. Ohne Gerechtigkeit bei der Verteilung der Emissionen werde es von Indien und China keine Zustimmung zu einem globalen Vertrag geben. Die beiden Länder koordinieren seit neuestem gemeinsam mit Brasilien und Südafrika ihre Klimapolitik und treffen sich dazu in regelmäßigen Abständen. Über den Fortgang der Verhandlungen in diesem Jahr zeigte Ramesh sich pessimistisch. Der tiefe Graben zwischen den Industriestaaten und Schwellenländern bleibe bestehen.

Unterdessen berichtet der Guardian in einem anderen Beitrag über ein Dokument, das die harte Haltung der US-Regierung belegt, falls es echt ist. Nach Angaben der Zeitung wurde es auf dem Computer eines europäischen Hotels gefunden und datiert vom 11. März. Es scheint eine Art Verhaltensrichtlinie für die Gespräche in Bonn gewesen zu sein, die am vergangenen Wochenende stattfanden. Dort waren die USA durch den Versuch aufgefallen, die unverbindliche Kopenhagen-Vereinbarung (Copenhagen Accord) zur Verhandlungsgrundlage zu machen, der von der UN-Konferenz in der dänischen Hauptstadt lediglich zur Kenntnis genommen wurde.

Der Einfachheit halber sei das US-Dokument, wie es der Guardian wiedergibt, vollständig zitiert:

Strategic communications objectives
  1. Reinforce the perception that the US is constructively engaged in UN negotiations in an effort to produce a global regime to combat climate change. This includes support for a symmetrical and legally binding treaty.
  2. Manage expectations for Cancun – Without owning the message, advance the narrative that while a symmetrical legally binding treaty in Mexico is unlikely, solid progress can be made on the six or so main elements.
  3. Create a clear understanding of the CA's standing and the importance of operationalising ALL elements.
  4. Build and maintain outside support for the administration's commitment to meeting the climate and clean energy challenge despite an increasingly difficult political environment to pass legislation.
  5. Deepen support and understanding from the developing world that advanced developing countries must be part of any meaningful solution to climate change including taking responsibilities under a legally binding treaty.

Media outreach

  • Continue to conduct interviews with print, TV and radio outlets driving the climate change story.
  • Increase use of off-the-record conversations.
  • Strengthen presence in international media markets during trips abroad. Focus efforts on radio and television markets.
  • Take greater advantage of new media opportunities such as podcasts to advance US position in the field bypassing traditional media outlets.
  • Consider a series of policy speeches/public forums during trips abroad to make our case directly to the developing world.

Key outreach efforts

  • Comprehensive and early outreach to policy makers, key stakeholders and validators is critical to broadening support for our positions in the coming year.
  • Prior to the 9-11 April meeting in Bonn it would be good for Todd* to meet with leading NGOs. This should come in the form of 1:1s and small group sessions.
  • Larger group sessions, similar to the one held at CAP prior to Copenhagen, will be useful down the line, but more intimate meetings in the spring are essential to building the foundation of support. Or at the very least, disarming some of the harsher critics.

* Todd Stern, US-Chefunterhändler

Punkt zwei scheint aufgegangen zu sein: Verschiedene internationale Medien haben in den letzten Tagen berichtet, dass es in Cancún wohl noch kein Ergebnis geben wird.