HRE-Rettung oder "Tod des deutschen Bankensystems"?

Ein geheimes Protokoll der Finanzaufsicht zeigt, mit welcher Panikmache die Banken die Regierung zur Rettung der Hypo Real Estate brachten.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Financial Times Deutschland Protokoll-zur-HRE-Rettung-Ackermann-f%FChrt-aus-dies-sei-der-Tod/537077.html: berichtet heute über die Vorgänge, die derzeit auch Gegenstand einer parlamentarischen Untersuchungskommission sind. Dass man die lieber verbergen wollte, davon gibt die Aufschrift "GEHEIM - amtlich geheimgehalten" Auskunft, mit der die 17 Seiten eines Protokolls gekennzeichnet seien.

Es handele sich um ein Protokoll der Finanzaufsicht BaFin, das bisher unbekannte Details der "dramatischsten Rettungsaktion in der deutschen Bankengeschichte" aufzeige. Zwischen dem 26. und 29. September 2008 wurde von den Banken, der Finanzaufsicht und der Politik die Rettung des Münchner Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) festgezurrt und dabei wurde mit Panikmache von Seiten der Banken offenbar nicht gespart.

Nach Angaben des Protokolls zeichnete vor allem der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann am Sonntag den 28. ein dramatisches Bild, damit der Bund viele Milliarden für diese erste Bad Bank bereitstellt, die offiziell nur noch nicht so genannt wird. So habe Ackermann gegen 22 Uhr 45 das Ende des Bankensystems vorhergesagt, wenn die HRE nicht gerettet werde: "Ackermann führt aus, dass dies der Tod des deutschen Bankensystems sei", heißt es im Protokoll. Damit wollte er wohl das Ruder herumreißen, als die Verhandlungen zwischen Staat und Banken gescheitert schienen.

Die Banken versuchte Ackermann weitgehend aus der Haftung herauszuhalten. Ackermann soll erklärt haben, "bei einer Übernahme von Verlustrisiken in Höhe von 17 Milliarden EUR" seien deren "Ratings nicht mehr haltbar" und die "Refinanzierung würde wegbrechen". Schließlich hätte sie schon Verluste bei der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers erlitten, die gerade Schockwellen über die Finanzmärkte weltweit aussendete. Man kämpfe mit der "Liquidität und Profitabilität", sagte der Bankenchef, der sich angeblich für Staatshilfen schämen wollte. Dabei hat er die durch die Hintertür bei der Übernahme der Postbank längst erhalten.

Für ihn war es offenbar "nicht nachvollziehbar", dass es "für das Überleben des Finanzsystems" nicht möglich sei 35 Milliarden Euro bereitzustellen. Dabei war seine Bereitschaft, für sein Überleben einzutreten, nur sehr beschränkt. Er versuchte den Anteil seiner Zunft auf 7 Milliarden zu beschränken. Das ist ihm gelungen, denn Banken und Versicherungen haben sich nur mit 8,5 Milliarden an dem Paket beteiligt. Ähnlich dramatisch hat wohl auch der Commerzbank-Chef Martin Blessing die Panik geschürt, dessen Bank schon teilverstaatlicht ist. Ohne die Rettung der HRE "stehe am Montag keine deutsche Bank mehr", wird er zitiert.

Aus dem Protokoll geht auch hervor, dass schon am 26. September klar war, dass allein 55 Milliarden Euro der HRE-Tochter Depfa finanziert werden müssten, die zum Steuersparen ihren Sitz nach Irland verlegt hatte. Dass auch danach noch in die Öffentlichkeit kolportiert wurde, die HRE brauche nur 10 Milliarden Euro, kann getrost als Verdummung gewertet werden. Inzwischen wurden die Staatshilfen immer weiter angehoben und letztlich sollen bis zu 102 Milliarden Euro an Steuergeldern in die Bank gepumpt werden, die von der Bundeskanzlerin Angela Merkel als "systemisch" bezeichnet wird. Zudem kauft der Bund zur Verstaatlichung für viele weitere Millionen die Aktienmehrheit.