"Untersuchungshaft wie Castingshow"

Der Megaupload-Hauptbeschuldigte Kim Schmitz darf die Zeit bis zur Entscheidung über seine Auslieferung an die USA ab heute auf seinem Luxusanwesen verbringen, muss aber eine elektronische Fußfessel tragen

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Am 20. Januar nahmen neuseeländische Polizisten auf Veranlassung des US-Justizministeriums und des FBI im Zusammenhang mit dem mittlerweile geschlossenen Sharehosters Megaupload vier Personen fest. Ihnen wird vorgeworfen, der Medienindustrie durch die "Verschwörung" zu verbotenen Handlungen einen Schaden von mehr als 620 Millionen Dollar verursacht und dabei über 175 Millionen Dollar verdient zu haben. Die Beschuldigten bestreiten die Rechtsverletzungsvorwürfe bislang.

Drei der Festgenommenen wurden in den letzten Wochen aus der Untersuchungshaft entlassen. Nur dem Hauptbeschuldigten Kim Schmitz, der früher mit dem umstrittenen Abmahnanwalt Günter von Gravenreuth zusammengearbeitet haben soll und dem es nicht gelang, die Berichterstattung in deutschen Medien durch Einsatz des Landgerichts Hamburg zu zensieren, glaubte man Beteuerungen, dass er gar nicht aus Neuseeland flüchten wolle, bislang nicht.

Erst gestern konnte Schmitz den Richter Nevin Dawson schließlich doch überzeugen, ihn aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Dawson berücksichtigte dabei, dass der körperlich ausgesprochen auffällige Beschuldigte eine schwangere Frau und drei Kinder hat, was ihm eine Flucht erschwert. Außerdem habe er Chancen, seine Freiheit und sein beträchtliches Vermögen (das er bei einem Untertauchen vollständig verlieren würde) auf juristischem Wege wiederzuerlangen. Dass Schmitz Vermögenswerte versteckt halte, mit denen er nun ins Ausland flüchten könnte, sei eine Unterstellung, die man ihm nicht entgegenhalten dürfe. Als Vorentscheidung über eine Auslieferung des Beschuldigten an die USA gilt die Freilassung jedoch nicht. Darüber soll erst im August entschieden werden.

Schmitz darf die Zeit bis zur Entscheidung über seine Auslieferung an die USA nun auf seinem Luxusanwesen in der Nähe von Auckland verbringen, muss aber eine elektronische Fußfessel tragen. Außerdem darf er nicht online gehen und sich nicht mehr als 80 Kilometer von seinem Anwesen entfernen. Von neuseeländischen Reportern gefragt, wie er von der Polizei behandelt worden wäre, meinte der Deutsche, er habe sich ein wenig wie ein Bewerber in der Castingshow American Idol gefühlt.