Nur scheinbare Entspannung am Anleihemarkt der Eurozone

Auch Frankreich wird seine langfristigen Staatsanleihen weiterhin nur für hohe Zinsen los

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Die Nervosität ist an die Aktienmärkte zurückgekehrt. Zum Teil verloren die Börsen am Donnerstag mehr als 3% wie in der spanischen Hauptstadt Madrid. Nachdem sich schon am Mittwoch die Börsenplätze ins Minus gedreht hatten, wurde eine Auktion französischer Staatsanleihen am Donnerstag mit Spannung erwartet. Sie galt als Test, ob der Zinsdruck auf Euroländer schwächer wird. Paris ist auch tatsächlich gelungen, Anleihen zu versteigern und die maximal angestrebte Summe von acht Milliarden Euro wurde sogar fast erreicht. Doch die Zinsen fielen für das Land hoch aus, das weiter um die höchste Bonitätsnote der Ratingagenturen fürchtet.

Paris konnte gut vier Milliarden Euro über zehnjährige Anleihen in die Staatskasse spülen. Doch die durchschnittliche Rendite von 3,29% lag für Frankreich damit sogar noch höher als vor einem Monat mit 3,18%. Der Zinsaufschlag (Spread) zu Bundesanleihen war mit 136 Basispunkten (fast 1,4%) ebenfalls höher als im Dezember nach dem EU-Gipfel. Ähnlich sah es auch bei Anleihen mit längeren Laufzeiten aus. Papiere mit einer Laufzeit von 30 Jahren wurden mit 3,97% nur geringfügig teurer gehandelt als im Dezember (3,94%).

Dass die französische Auktion kaum günstiger verlaufen würde, hatte schon eine Auktion zehnjähriger Bundesanleihen am Mittwoch gezeigt. Die Nachfrage lag mit 5,14 Milliarden Euro nur knapp über den maximal angestrebten fünf Milliarden. Um die durchschnittliche Rendite mit 1,93% so niedrig zu halten, wurden nur gut vier Milliarden eingenommen. Längst hält sich also auch der Andrang auf Bundesanleihen in engen Grenzen. Im November bekam der Bund sogar einen Warnschuss vor den Bug, als zehnjährige Anleihen nur mit großer Mühe versteigert wurden und Berlin nicht einmal die erwartete Mindestsumme einnahm.

Von der erwarteten Entspannung kann also keine Rede sein. Die war erhofft worden, nachdem Spanien vor dem Jahreswechsel deutlich niedrigere Zinsen für Anleihen bieten konnte als noch einen Monat zuvor. Nicht zuletzt fielen die Zinsen für Portugal am Mittwoch etwas günstiger als im Dezember aus. Das Land hatte für eine kurzlaufende Anleihe 0,5 Prozentpunkte weniger Rendite bieten müssen als im Vormonat. Für Anleihen mit einer Laufzeit von drei Monaten konnten die Südeuropäer eine Milliarde Euro einnehmen und mussten dafür 4,35% Zinsen zahlen statt 4,87% wie zuvor.

Aber dreimonatige Anleihen sind kaum geeignet, das Vertrauen zu testen. Aussagekräftiger ist, dass Italien in der vergangenen Woche das angestrebte Volumen von sieben Milliarden Euro verpasst hat und noch dazu fast 7% Rendite bieten musste. Auch das war zwar etwas weniger als im Vormonat, doch der hoch verschuldete Staat kann sich diese Zinslast nicht leisten. Für die Staatsschulden in einer Höhe von fast zwei Billionen Euro beziffert der neue Präsident der italienischen Notenbank einen Zinssatz von etwa fünf Prozent für verkraftbar. Ignazio Visco hat kürzlich erklärt, Rom könne seine Schulden nur bewältigen, wenn die Renditen um mindestens zwei Prozentpunkte fallen.

Risiken bei den Banken

Italiens Anleihen gerieten am Donnerstag aufgrund des Wirbels um die größte italienische Bank UniCredit wieder unter Druck. Der Risikoaufschlag stieg am Sekundärmarkt deutlich an und die zehnjährigen Papiere wurden erneut über der Absturzmarke von 7% gehandelt. Auch die Aufschläge für Spanien und Belgien nahmen wieder zu. Der Aufschlag für spanische Anleihen stieg auf fast 370 Basispunkte, womit die Rendite bei 5,5% lag, und für belgische Anleihen stieg sie auf knapp 4,5%.

Dahinter steht der Tumult um die UniCredit. Die Aktien der Bank wurden am Donnerstag erneut vom Handel an der Börse in Mailand ausgesetzt. Schon am Mittwoch war das passiert, nachdem die Aktien fast 15% Wert verloren hatten und am Donnerstag waren es erneut mehr als 12%. Der Kurssturz ist der enttäuschenden Kapitalerhöhung der Bank geschuldet, die 7,5 Milliarden einnehmen will und die eigenen Aktien nach Ansicht von Anlegern verramscht.

Die UniCredit braucht frisches Kapital, um die neue Kernkapitalquote der EU zu erfüllen und sich gegen weitere Verluste bei Staatsanleihen zu wappnen, welche die Bank hält. Beim Stresstest vor dem letzten EU-Gipfel im Dezember hatte die Europäische Bankenaufsicht (EBA) aber Milliardenlöcher nicht nur bei der UniCredit ermittelt. Insgesamt brauchen europäische Banken gut 115 Milliarden Euro und die spanische Großbank Santander benötigt allein 15,3 Milliarden Euro.

Doch auch dieser Wert dürfte noch zu niedrig sein, wie der neue spanische Wirtschaftsminister Luis de Guindos am Mittwoch deutlich gemacht hat. In einem Interview mit der Financial Times erklärte er, dass die spanischen Banken weitere Rückstellungen in einer Höhe von 50 Milliarden Euro für Verluste im abgestürzten Immobiliensektor benötigten. Denn in den Bilanzen schlummern noch weitere toxische Werte. Die Konservativen erlauben es den Banken aber noch ein weiteres Jahr, Grundstücke nicht zum Marktwert zu bewerten, wobei abzuwarten bleibt, ob die EU das zulässt. Schließlich müssen Banken nun auch Aktien und Staatsanleihen zum Marktpreis verbuchen. Die Santander habe zum Beispiel noch völlig überbewertete Grundstücke mit 4,3 Milliarden Euro in der Bilanz.

Bei der Bankia ermittelte die EBA einen Kapitalbedarf von 1,14 Milliarden Euro, obwohl die Fusion von sieben gestrauchelten Sparkassen ohnehin schon mit Steuermilliarden gestützt worden war. Bei der Bankia sollen sogar noch 5,1 Milliarden Euro an überbewerteten Grundstücken aus dem Immobilienboom in den Büchern stecken. Die Bankia hatte erst kürzlich neue Immobilien in die Bücher genommen, in diesem Fall das Stadion des hoch verschuldeten FC Valencia. Nun will der Pleiteverein aus der Pleiteregion sein neues Stadion nach fast drei Jahren Baustopp weiterbauen.