Streit um das "Leistungsschutzrecht"

Wenige Tage vor der ersten Parlamentslesung hat die Lobbyschlacht an Intensität zugenommen

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In der Nacht zwischen Donnerstag und Freitag soll der Bundestag in erster Lesung über ein etwas irreführend "Leistungsschutzrecht" betiteltes neues Monopol für Presseverlage beraten, das auch die Verwendung kleiner Textteile lizenzpflichtig machen würde. Gestern startete Google, das nominelle Hauptziel des neuen Monopols, eine "Informationsoffensive" mit dem Titel "Verteidige Dein Netz - Finde weiterhin, was Du suchst". Damit sollen Deutsche auf die Folgen des (von Mainstreammedien bislang wenig beachteten) Gesetzes für sich selbst und ihre Suchanfragen aufmerksam gemacht und dazu bewegt werden, bei ihren Abgeordneten anzurufen. Zu diesem Zweck bietet das Unternehmen eine "MdB-Landkarte" mit den Kontaktdaten der Büros an.

Die Zeitschriftenverleger-Lobbyverbände BDZV und VDZ kritisierten die Kampagne umgehend als "üble Propaganda" und "Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung für eigene Interessen". Ihrer Ansicht nach ist das neue Monopol "gerecht und maßvoll" und "stellt keinesfalls das "Ende der Freiheit im Netz" dar". Diese Reaktion war zu erwarten. Aber auch bei Netzpolitik.org kritisiert man Google als "Teil des Problems" und illustriert mit Beispielen aus anderen Ländern, dass der bunte Gigant ein Unternehmen ist, das vor allem finanzielle Interessen verfolgt.

Praktisch alle namhaften deutschen Rechtswissenschaftler, die sich mit dem Gesetzentwurf befassten, glauben allerdings, dass die Nachteile des "Leistungsschutzrechts" seinen Nutzen sehr deutlich überwiegen werden. Das Münchner Max-Planck-Institut für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht veröffentlichte deshalb gestern eine von der wichtigsten deutschen Fachzeitschrift sowie zahlreichen Professoren unterstützte Stellungnahme zu dem Vorhaben, die ganz entschieden negativ ausfiel: "Nicht durchdacht" und "durch kein sachliches Argument [zu] rechtfertigen" heißt es darin unter anderem.

Weil das "Leistungsschutzrecht" aus diesen Gründen auch in der Union und der FDP keineswegs nur Anhänger hat, hofft der Bundestagsabgeordnete Jimmy Schulz darauf, statt eines neuen Monopols einen Anspruch auf die Berücksichtigung der Datei robots.txt gesetzlich zu verankern. Der Axel-Springer-Verlag, der als Hauptinteressent an dem neuen Monopol gilt, hat jedoch bereits zu erkennen gegeben, dass es ihm nicht reicht, wenn er selbst bestimmen kann, was von Suchmaschinen und News-Aggregatoren angezeigt wird und was nicht.