Widerstand gegen Kopfpauschale?

Die Gesundheitsreformen könnten zum Fokus eines neuen sozialen Protestes werden

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Ca. 150 Gewerkschaftler, Aktivisten von Erwerbslosengruppen und sozialen Bewegungen haben am Wochenende im Stuttgarter Gewerkschaftshaus über den Stand der außerparlamentarischen Bewegung unter schwarz-gelb debattiert. Eingeladen hat das Bündnis "Wir zahlen nicht für Eure Krise", das im vergangenen Jahr zwei Demonstrationen und einen dezentralen Aktionstag organisiert hat.

Die Vorstellung, dass der Regierungsantritt der schwarz-gelben Koalition sofort die Protestbereitschaft steigert, hatte auf der Konferenz niemand. Schließlich habe die Bundesregierung bisher relativ geschickt agiert und nicht sofort zum Frontalangriff auf den Sozialstaat geblasen, betont ein Gewerkschafter. Allerdings waren sich die Konferenzteilnehmer darin einig, dass die Gesundheitspolitik zum Fokus eines neuen sozialen Protestes werden könnte. Die von der Bundesregierung geplante Kopfpauschale könnte dabei die Rolle spielen, die Hartz IV vor 5 Jahren bei der Erwerbspolitik zukam. Schon heute gibt es in der Bevölkerung eine große Unzufriedenheit über die geplanten Reformen der Gesundheitspolitik, bestätigten viele Konferenzteilnehmer.

Auch SPD-Politiker haben erkannt, dass sich an der Gesundheitspsolitik neue Proteste entzünden können. Die Frage wird allerdings sein, ob die erst beginnen, wenn die Regierung konkrete gesetzliche Initiativen zum Umbau des Gesundheitssystem in die Wege geleitert hat - oder schon vorher, was auf der Konferenz befürwortet wurde.

Die dort anwesenden Gewerkschafter plädierten für eine Neuauflage der Kampagne zur Arbeitszeitverkürzung. Auch die Forderung nach einer Rücknahme der Rente mit 67, die von dem Stuttgarter verdi-Sekretär Werner Sauerborn als eine Form der Arbeitszeitverlängerung bezeichnet wurde, soll Teil dieser Kampagne sein. In einer Arbeitsgruppe haben sich Aktivisten der Aktion Zahltag, der Initiative Keiner muss allein zum Amt und des Bündnisses für ein Sanktionsmoratorium über aktuelle Formen von Erwerbslosenprotesten ausgetauscht, die in den Medien bisher kaum wahrgenommen werden. Besonderen Applaus bekamen die auf der Konferenz anwesenden Bildungsstreikaktivisten ( Vielleicht waren wir zu brav?), die als erste soziale Bewegung unter schwarz-gelb begrüßt wurden.