Rechtsnachhilfe für NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens

Das OVG Münster sieht in E-Zigaretten keine Arznei-, sondern Genussmittel

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Im Dezember verlautbarte Barbara Steffens, die nordrhein-westfälische Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, dass keine der derzeit erhältlichen nikotinhaltigen Befüllkartuschen für E-Zigaretten behördlich zugelassen sei. Solch eine Zulassung wäre der Ansicht der Grünen-Politikerin nach aber notwendig, weil E-Zigaretten-Liquids (anders als Tabakprodukte) unter das Arzneimittelschutzgesetz fallen würden. Dies wiederum sei deshalb der Fall, weil sie Raucher nicht nur als gesündere Alternative, sondern auch zur Entwöhnung von Tabak nutzen würden.

Die Städte Mülheim, Essen und Oberhausen schlossen sich dieser Meinung an. Mülheim forderte Händler in seinem Stadtgebiet auf, den Verkauf umgehend einzustellen, weil man "gemeldete Verstöße […] überprüfen" und anschließend nicht nur "ordnungsrechtliche Maßnahmen einleiten", sondern auch die Staatsanwaltschaft informieren werde. Ohne Zulassung sei der Verkauf von Liquids nämlich eine Straftat, die bis zu einem Jahr Gefängnis nach sich ziehen könne.

Nun kam das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster im Zuge eines Eilverfahrens, bei dem es um die E-Zigarettenmarke "Snoke" geht, zu dem Schluss, dass die vom Ministerium geäußerte Rechtsmeinung nicht zutrifft, weil E-Zigaretten keine Arznei-, sondern bloße Genussmittel seien. Deshalb, so das OVG, wären auch daraus folgende Anordnungen an Behörden rechtswidrig.

Steffens nahm diesen Hinweis zwar zur Kenntnis, macht aber bislang keine Anstalten, Konsequenzen daraus zu ziehen. In ihrem Ministerium heißt es, man wolle sich dazu nicht äußern, "da in dem Rechtsstreit noch keine Entscheidung gefallen ist und es sich um ein noch laufendes Gerichtsverfahren handelt". Das OVG Münster hat allerdings angekündigt, seine komplette Entscheidung bereits nächste Wochen zu verkünden.

Steffens Schweigen nutzt die Piratenpartei, die den grünen Umgang mit den E-Zigaretten zum Wahlkampfthema macht: Sie fordert, E-Zigaretten so zu behandeln, wie jedes andere "Genussmittel mit möglicherweise risikobehafteten Nebenwirkungen". Für eine mit Freiheitsrechten abgewogene Entscheidung seien "ergänzende wissenschaftlicher Studien" nötig, aus denen man "Qualitätsstandards und geeignete Warnhinweise" entwickelt. Nur so könnten "die Grundlagen dafür geschaffen werden, dass mündige Verbraucher selbst entscheiden können, welchen möglichen Risiken sie sich aussetzen möchten".