Mit Reichensteuer und Cannabis-Legalisierung über die Fünf-Prozent-Hürde?

Die FDP in Schleswig-Holstein grenzt sich inhaltlich von der Bundespartei ab

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Der schleswig-holsteinische FDP-Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki unterscheidet sich im Habitus ganz erheblich von Guido Westerwelle und Philipp Rösler. Nun grenzt er sich auch inhaltlich stärker von der Bundespartei ab und gibt sogar das FDP-Dogma auf, gegen Steuererhöhungen zu sein, selbst wenn sie angesichts der Haushaltslagen noch so unumgänglich erscheinen, um politische Handlungsspielräume zu öffnen. Im Focus machte der Landtagsfraktionsvorsitzende den Vorschlag, Einkommen ab 250.000 Euro mit 49 (anstatt wie bislang bloß mit 45) Prozent zu besteuern und mit den daraus resultierenden Einnahmen Normalbürger zu entlasten.

Damit nähert er sich einer Forderung der SPD an, die ab einem Jahreseinkommen von 100.000 Euro für Unverheiratete ohne Kinder eine Reichensteuer in Höhe von 49 Prozent fordert. Eine Koalition strebt Kubicki aber nicht mit den Sozialdemokraten an, sondern mit der CDU und den Grünen. Letztere liegen nach Einschätzung des Rechtsanwalts in Rechts-, Innenpolitik- und Finanzfragen "viel näher bei der FDP als bei der SPD". Allerdings dürfte die CDU in einer solchen Jamaika-Koalition ähnliche rechts- und innenpolitische Positionen einbringen wollen wie die Vorratsdatenspeicherungsaktivisten von der SPD, weshalb der Vorteil, den Kubicki gegenüber einer Ampelkoalition sieht, nicht ganz klar wird.

Mit einem anderen Thema versuchen die Jungen Liberalen in Schleswig Holstein dazu beizutragen, dass die FDP in ihrem Bundesland über die Fünf-Prozent-Hürde kommt: Nachdem durch den Piratenerfolg klar wurde, dass das Wählerpotenzial für eine Reform des Betäubungsmittelrechts im zweistelligen Bereich liegt, wirbt die Jugendorganisation der Liberalen seit 24. April mit einem etwas bizarren Spot, der offenbar zeigen soll, dass Cannabisrauchen auch unter Jura- und BWL-Absolventen Alltag ist und eine Rechtslage, die so etwas leugnet, langfristig in ihrer Akzeptanz Schaden nimmt. Sieht man sich die aktuellen Umfragen an, dann könnte die Rechnung des Landesverbandes, mit Themen jenseits von Besserverdienerentlastung und Kopfpauschale zu punkten, tatsächlich aufgehen: Dort erreichen die Liberalen wenige Tage vor der Wahl sechs und sieben Prozent, nachdem sie im März noch bei zwei lagen.