Wenn die Freiwilligen nicht freiwillig kommen

Mit Hartz-IV-Empfängern sollen die Lücken beim Bundesfreiwilligendienst aufgefüllt werden

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Mit der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht zum 1. Juli 2011, gibt es auch den Zivildienst nicht mehr ( Bundeswehr mit Startschwierigkeiten). Wer bisher nicht zum Dienst an der Waffe gehen wollte, ging als Zivildienstleistender in Krankenhäuser, Altenheime oder Behinderteneinrichtungen. Die sogenannten "Zivis" waren dabei eine kostengünstige Stütze für die Einrichtungen. Ohne sie wäre ein funktionierender Betrieb nur mit wesentlich höheren Kosten möglich gewesen. Doch nun gibt es auch keine Zivildienstleistenden mehr.

Daher wurde als Ersatzmaßnahme der Bundesfreiwilligendienst (BFD) ins Leben gerufen. Trotz der Werbung der Politik haben sich aktuell aber nicht genügend Menschen gefunden, die die durch den Wegfall des Zivildienstes entstandenen Lücken füllen. Bei einer nicht gerade üppigen Vergütung von maximal 330 Euro im Monat werden sich meist nur Schulabsolventen verpflichten wollen, die keinen Ausbildungs- oder Studienplatz gefunden haben, um so die Zeit zu überbrücken.

Doch woher nimmt man die fehlenden "Bufdis", so die mittlerweile gern genutzte Abkürzung für die Teilnehmer am Bundesfreiwilligendienst? Es hat nicht lange gedauert, bis man sich dabei an eine Gruppe von Bürgern erinnert hat, die beschäftigungslos ist und deren Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt wünschenswert wäre: Hartz-IV-Empfänger.

Carsten Linnemann und Peter Tauber, Sozialexperten der Unions-Bundestagsfraktion, wollen nach der parlamentarischen Sommerpause eine Initiative einbringen, um den Freiwilligendienst für Hartz-IV-Empfänger attraktiver zu gestalten. Da diese bisher nur einen Zuverdienst von 60 Euro ohne Abzüge behalten dürfen, wird von den beiden Sozialexperten vorgeschlagen, das abzugsfreie Einkommen auf 175 Euro zu erhöhen, um so die Attraktivität des Bundesfreiwilligendienstes für diese Gruppe zu erhöhen. "Gerade für ältere Arbeitslose kann der BFD eine echte Chance sein, denn der BFD steht im Gegensatz zum FSJ (Anm. d. Autors: Freiwilliges Soziales Jahr) Menschen aller Generationen offen... Auf ganz Deutschland hochgerechnet könnten rund 5.000 Arbeitslose über den BFD eine nützliche Beschäftigung finden", so Linnemann.

Ob die Teilnahme am Freiwilligendienst die Job-Chancen von Langzeitarbeitslosen tatsächlich verbessern würde, bleibt abzuwarten. Auch regt sich schon erste Kritik. "Es kann nicht sein, dass Arbeitslose für die Anlaufschwierigkeiten des neuen Bundesfreiwilligendienstes gerade stehen müssen", kritisiert das Vorstandsmitglied der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Brigitte Döcker den Vorschlag der Parlamentarier. Und befürchtet, dass "Menschen im Hartz IV-Bezug womöglich auch noch unter der Androhung von Sanktionen hineingezwungen werden".