Wikileaks: Lateinamerika prüft Konsequenzen

Politische Vertreter mehrerer Staaten haben auf die Veröffentlichungen der diplomatischen Depeschen reagiert

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Die Veröffentlichung von Dokumenten durch Wikileaks hat in Lateinamerika erste konkrete Reaktionen provoziert. Am Montag hatte vor allem die spanische Tageszeitung El País die ihr vorab zur Verfügung stehenden gut 250.000 diplomatischen Depeschen gezielt nach Informationen zum US-amerikanischen Lateinamerika-Politik durchsucht.

Neben wenig überraschenden Belegen über die angestrebte politische Isolation der sozialistischen Regierung in Venezuela durch Washington enthüllte das Blatt vor allem Details zur gezielten Überwachung von Politikern in Paraguay. So soll die US-Botschaft in der Hauptstadt Asunción Anfang 2008 angewiesen worden sein, Personenangaben und biometrische Daten von führenden Politikern zu besorgen - unter ihnen der spätere Wahlsieger und amtierende Präsident Fernando Lugo.

Nach der Veröffentlichung forderte nun der Präsident des paraguayischen Parlaments, Víctor Bogado, Konsequenzen aus der Veröffentlichung der betreffenden Depeschen. Sollten sich die Berichte als wahr herausstellen, so wäre dies ein "gefährlicher Eingriff in die nationale Souveränität". Der Parlamentschef forderte die US-Regierung zudem auf, sich bei der Regierung von Präsident Lugos zu entschuldigen.

Andere Staaten der Region reagierten aufgrund der dünnen Faktenlage verhalten, äußerten sich in der Sache aber klar. Er habe die Dokumente bislang nicht gelesen, sagte der Außenminister Uruguays, Luis Almagro. Spionage - zumal von Botschaften aus koordiniert - sei aber auf jeden Fall illegal. Der Chefdiplomat der Regierung von Präsident José "Pepe" Mujica kritisierte auch die offensichtlichen Versuche, die venezolanische Regierung zu isolieren. "Wir stehen Chávez sehr freundschaftlich gegenüber, und das wird auch so bleiben", stellte Almagro fest.

In Bolivien sah sich Präsidialamtssprecher Iván Canelas darin bestätigt, dass US-Institutionen geheimdienstlich gegen unliebsame Regierungen in Südamerika vorgehen. Diese Vermutung sei nicht neu und auch die Regierung von Präsident Evo Morales habe immer wieder Anzeichen dafür gehabt, sagte Canales. Der Sprecher verwies unter anderem darauf, dass die linksgerichtete Staatsführung im September 2008 den damaligen US-Botschafter Philip Goldberg des Landes verwiesen und der US-amerikanischen Antidrogenorganisation DEA wegen Spionageverdachtes die Arbeit im Land untersagt hatte. Wikileaks verfügt nun nach eigenen Angaben über 1.299 Dokumente der US-Botschaft in la Paz.