EU? Nein, danke

Schweizer Studie zeigt auf: Interesse der Eidgenossen an einem EU-Beitritt sinkt deutlich.

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Bereits 1992 hatte die Schweiz bei der EU ein Beitrittsgesuch eingereicht. Im Jahre 2001 wurde erstmals über einen Beitritt abgestimmt. 76,8% der Schweizer, die sich an der damaligen Volksabstimmung beteiligten, lehnten einen Beitritt ab. Umfragen zufolge, wurde aber im Laufe der folgenden Jahre die ablehnende Haltung der Schweizer geringer. Nachdem auch die Schweiz dem Schengener Abkommen beigetreten war, schien für die EU-Befürworter der Durchbruch geschafft.

Noch im letzten Jahr, gaben 50% der Schweizer bei Umfragen an, sich eine politische Annäherung an die EU vorstellen zu können und 31% wären zu einem "Ja" zur EU bereit gewesen. Die Zustimmung schien stetig zu wachsen. Wenn man zudem bedenkt, dass sich häufig nur 50-60% der Eidgenossen an Volksabstimmungen beteiligen, hätte eine erneute Abstimmung durchaus auf einen Beitritt hinauslaufen können.

Auch die EU hätte die Schweiz gerne im Boot gehabt. Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker, nannte die Schweiz mit Blick auf die Landkarte – einmal ein "geostrategisches Unding" und Ex-Bundeskanzler Schröder sah ebenfalls entscheidende Vorteile eines Beitrittes. Er meinte in einem mit dem Magazin SonntagsBlick: "Im Augenblick lasse die Schweiz andere europäische Staaten bestimmen, wohin die Reise künftig gehe." Nur ein Beitritt könne das ändern, da die Schweiz dann in der EU mitbestimmen könne.

Doch wie die aktuelle Studie Sicherheit 2011 der ETH Zürich zeigt, können sich die Eidgenossen trotz allen Werbens auch weiterhin nicht für die EU begeistern. Zu groß sind auch momentan die Probleme der Union, als dass der Beitritt für ein wirtschaftlich gut entwickeltes und reiches Land wie die Schweiz interessant wäre. Überall von Portugal bis Griechenland kriselt es und die Stabilität des Euro kann nur noch mit milliardenschweren Rettungspaketen gehalten werden. So verwundert es nicht, dass die Zustimmung zu einem Beitritt stark sinkt. Aktuell können sich nur noch 37% der Schweizer eine Annäherung an die EU vorstellen, für einen Beitritt würden sich gerade einmal 19% entscheiden.

In Anbetracht der Schuldenkrise erinnert sich vielleicht auch mancher an die Rede des 2010 verstorbenen Präsidenten der Swatch Group AG Nicolas G. Hayek über die Schweiz und die Europäische Union, die dieser am 16. März 2009 in Bern hielt. Hayek erinnerte sich dabei an ein Gespräch mit einem früheren deutschen Bundeskanzler. Nachgefragt, warum es denn so wichtig wäre, die winzige Schweiz in der EU dabeizuhaben, soll dessen Antwort ohne Zögern gelautet haben: "Weil ihr verdammt viel Geld habt, das wir gut verwenden können." Und so bleibt Schweizer auch 2011 dem Werben der EU lieber fern.

Das heisst aber nicht, dass sich der Schweizer nicht für die Vorgänge um ihn herum interessiert. Ganz im Gegenteil. Die Studie sieht den Eidgenossen mit Sorge ins Ausland blicken. 54% der Befragten glauben nämlich, dass die Lage dort in den nächsten fünf Jahren noch düsterer und gespannter sein wird. 2010 glaubten daran nur 43%. Daher ist es nachvollziehbar, dass sich 77% der Eidgenossen auch weiterhin eine möglichst große politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit wünschen. Und nachdem ein deutscher Ex-Finanzminister den Schweizern auch schon einmal mit dem Einsatz der Kavallerie gedroht hatte, nimmt auch die Zustimmung der Schweizer (insbesondere der Jugend) zur Armee wieder deutlich zu.