Ausnahmefußballer mit Steuersatz für Mindestlohnempfänger

Die spanische Regierung erhöht die Steuern für Spitzenverdiener spürbar, außer für Ronaldo, Kaká und Co. Damit bleibt hochverschuldeten Clubs wie Real Madrid die Pleite erspart

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In Spanien wurde gestern im Parlament der erste Sparplan der neuen konservativen Regierung beschlossen. Neben massiven Einschnitten stechen vor allem die Steuererhöhungen hervor, mit denen die Volkspartei (PP) unter Ministerpräsident Mariano Rajoy die Einnahmen deutlich erhöhen will. Doch einige Menschen sind in Spanien "gleicher" als andere. Denn die ausländischen Fußballspieler in der Profiliga, mit ihren zum Teil astronomischen Gehältern, werden auch weiterhin meist sehr niedrig besteuert.

Der Spitzensatz der spanischen Einkommenssteuer, bisher 43 Prozent, wird von der PP um bis zu sieben Prozentpunkte angehoben. Damit besteuern die Konservativen höhere Einkommen wieder stärker. Die Sozialdemokraten, die sich Sozialisten (PSOE) nennen, hatten den Steuersatz zuvor von 45 auf 43% gesenkt und sogar die Vermögenssteuer mitten in der Krise abgeschafft. Die Konservativen haben nun sogar die Erhöhung der Steuer nach Höhe des Einkommens gestaffelt. Wer zwischen 5.050 und rund 17.360 Euro im Jahr zu versteuern hat, für den wird der Steuersatz nur um 0,75 Prozentpunkte erhöht.

Das "Beckham-Gesetz"

Während für Spitzenverdiener mit einem Jahreseinkommen über 300.000 Euro eigentlich eine Anhebung um sieben Prozentpunkte ansteht, gilt das für viele Fußballspieler mit Millionengehältern nicht. Denn für etliche ausländische Stars von Real Madrid, wie Cristiano Ronaldo oder Ricardo Izecson dos Santos Leite (Kaká) und andere, wird nur eine Steuererhöhung um 0,75 Prozentpunkte auf einen ohnehin abgesenkten Steuersatz von 24% fällig.

Für Ronaldo und Co. wird demnach ein Steuersatz angesetzt, mit dem auch der Mindestlohn versteuert wird. Ronaldo ist nach Ansicht der Sponsoringberatung "PR Marketing" weltweit der bestbezahlte Kicker. Auch eine deutliche Steuererhöhung würde ihm angesichts eines jährlichen Einkommens von etwa 38,5 Millionen Euro kaum etwas ausmachen.

Auf viele Profi-Kicker in Spanien wird weiterhin das "Beckham-Gesetz" angewendet. 2003 hatte es die konservative PP beschlossen, als sie ebenfalls mit einer absoluten Mehrheit regierte - mit José María Aznar als Regierungschef. Das Gesetz wird im Volksmund nach dem britischen Fußballer David Beckham benannt, weil damit auch dessen Wechsel von Manchester nach Madrid gefördert wurde. Gedacht war es eigentlich, um ausländische Spitzenkräfte im Land zu verpflichten. Für einen Zeitraum von sechs Jahren mussten sie demnach nur den ermäßigten Steuersatz von 25% zahlen, der von den Sozialdemokraten später auf 24% gesenkt worden war.

Verdeckte Subventionen und Wettbewerbsvorteile

Schon damals hatten die Konservativen vor allem im Blick, den spanischen Fußball und Real Madrid im Besonderen mit verdeckten Subventionen zu fördern. Die niedrigen Steuern waren und sind ein Wettbewerbsvorteil für spanische Vereine. Denn die Millionenkicker handeln meist Nettolöhne aus, deshalb muss zwar der Spieler die Steuern abführen, faktisch bezahlt sie aber der Verein.

So konnten spanische Clubs die Spieler mit deutlichen höheren Gehältern umwerben, weil sie nur geringe Steuern bezahlen mussten. Für die hoch verschuldeten Clubs, wie Real Madrid, wäre eine Anpassung an normale Steuersätze eine enorme Zusatzbelastung, die sie noch näher an eine Pleite heranführen würde. Deshalb hatten schon die bis zu den Wahlen im vergangenen November regierenden Sozialisten die Altverträge ausgenommen, als das Beckham-Gesetz 2010 krisenbedingt ausgesetzt wurde, um Steuereinnahmen zu steigern. Die Vereine wollten sogar ihre Kicker streiken lassen, um eine schärfere Regelung zu verhindern.

Während für die Neuverträge seit 2010 wieder die normalen Steuersätze zur Anwendung kommen, halten sich die Kosten für Real Madrid mit den vielen millionenschweren internationalen Stars, zu denen neben Ronaldo und Kaká auch Karim Benzema, Gonzalo Higuaín, Képler Laveran Lima Ferreira (Pepe), Lassana Diarra und andere gehören, noch immer in engen Grenzen. Auf sie wird weiter das Beckham-Gesetz angewendet. Die faktische Steuerlast der Spieler, die der Verein wegen der Netto-Verträge trägt, wird nun für die Neuerwerbungen Mesut Özil, Ángel Di María oder Sami Khedira genauso steigen wie für den Madrider Iker Casillas, den Basken Xabi Alonso und einige andere.

Spanische Fußballvereine: Schuldenberg von etwa vier Milliarden Euro aufgetürmt

Insgesamt aber halten sich die Steuererhöhungen für Vereine wie Real Madrid weiterhin in engen Grenzen, vergleicht man die Lage zum Beispiel mit der des FC Barcelona. Denn die Katalanen setzen vor allem auf heimische Spieler wie ihre katalanischen Spitzenspieler Xavi Hernandez, Charles Puyol, Victor Valdés, Sergio Busquets, Gerard Piqué, Sergi Roberto, Cesc Fabregas, Isaac Cuenca. Bei der siegreichen WM-Mannschaft stachen die vielen Spieler aus Barcelona heraus.

Für die oben genannten Katalanen und für die übrigen Stars aus dem spanischen Staat, wie Andrés Iniesta oder David Villa, wurde stets der Spitzensteuersatz fällig, der nun deutlich angehoben wurde. Das gilt auch für Lionel Messi, der gerade zum dritten Mal zum Weltfußballer des Jahres gewählt wurde, denn der Argentinier spielte schon in der Jugendmannschaft Barcelonas.

Dennoch ist Barca deutlich niedriger verschuldet als Real Madrid. Nach Berechnungen von José María Gay, Professor an der Universität Barcelona, schiebt der spanische Hauptstadtclub schon jetzt Schulden von fast 600 Millionen Euro vor sich her. Insgesamt haben alle spanischen Profivereine einen Schuldenberg von etwa vier Milliarden Euro aufgetürmt. Den Finanzämtern schulden sie mehr als 600 Millionen Euro - dazu kommen weitere Millionenschulden bei der Sozialversicherung. Wären die Vereine normale Firmen, hätten sie längst den Besuch eines Gerichtsvollziehers erhalten, der den Laden geschlossen und abgewickelt hätte.