NATO-Versorgungslaster in der Falle

Seit die pakistanische Regierung den wichtigsten Übergang nach Afghanistan geschlossen hat, mehren sich die Angriffe auf die Nachschub-Trucks

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40 NATO-Laster mit Treibstoff-Ladungen warteten in einem Terminal bei Quetta auf Weiterfahrt, um den derzeit einzig offenen Übergang nach Afghanistan bei Chaman zu überqueren. 20 Laster wurden heute morgen angezündet. Mit dem Wachpersonal des Terminals außerhalb der Stadt lieferten sich die Angreifer Feuergefechte, ein Sicherheitsmann starb. Die pakistanischen Taliban (Tehrik-i-Taliban Pakistan/ TTP) gaben in einer Stellungnahme bekannt, dass sie die Verantwortung übernehmen.

Seit durch Schüsse aus einem amerikanischen Hubschrauber pakistanische Sicherheitskräfte getötet wurden, hat die Regierung den Übergang in Torkham gesperrt. Torkham liegt auf der NATO-Hauptversorgungsstrecke zwischen dem pakistanischen Peshawar und Jalalabad in Afghanistan. Seit der Sperre gab es mehrere Angriffe auf festsitzende Nato-Versorgungslaster, bei denen laut der pakistanischen Zeitung Dawn insgesamt fast 60 Trucks mit Molotow-Cocktails angezündet wurden. Auch dafür reklamierten die TTP die Verantwortung. Sie wollten sich damit für die amerikanischen Drohnen-Angriffe auf pakistanisches Gebiet rächen, werden die Taliban von Dawn zitiert.

Die Versorgungsrouten via Pakistan sind ein wunder Punkt des Afghanistan-Einsatzes, wie sich schon in der Vergangenheit mehrmals gezeigt hat (siehe Khaiber-Pass: Lastwagen mit Isaf-Nachschub überfallen). Die pakistanische Führung weiß dies natürlich auch. Deswegen dürfte die Behauptung der Polizei, wonach es nicht ihre Aufgabe sei, die Sicherheit dieser Konvois zu garantieren, durchaus ein politisches Signal sein.

NATO-Chef Rasmussen drängt die pakistanische Regierung auf sofortige Wiedereröffnung der lebenswichtigen Versorgungsroute. Die pakistanische Regierung verlangt eine Entschuldigung für den Hubschraubereinsatz, der pakistanische Frontier Corps- Kräfte getötet hat, die NATO will nur ihr "Bedauern" erklären. Indessen senden die USA deutliche Botschaften, dass sie mit dem Einsatz Pakistans gegen Extremisten in Nord-Waziristan nicht einverstanden sind (vgl. US report says Pakistan unwilling to pursue militants).

Beide Seiten betreiben mit dem Kampf gegen Extremisten auch ein gut Teil Innenpolitik. In den USA hat längst der Wahlkampf um Kongresssitze begonnen, und für Obama sind augenblickliche "Erfolgs-Nachrichten" günstig, dass zumindest die Strategie der gezielten Jagd auf al-Qaida/Taliban/Haqqani-Terroristennester mit Drohnen aufgeht. Und die pakistanische Regierung muss sich derzeit mehr denn je als möglichst wenig abhängig von ihrem Zahlmeister präsentieren.