Im "Kampf gegen Rechtsextremismus" versteckt

SPD und Grüne wollen dem Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen die Quellen-TKÜ erlauben

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Am 12. Juni legten SPD und Grüne in Nordrhein Westfalen einen Koalitionsvertrag vor. In den ersten Meldungen dazu wurden eher bei Wählern beliebte Vorhaben herausgekehrt, wie etwa [http://nrw.mehr-demokratie.de/7106.html?&tx_ttnews[backPid]=6803&tx_ttnews[tt_news]=12394&cHash=1b677f0012ce8d3977fdfb8fbf4db123 das], die Unterschriftenhürde für Volksbegehren zu senken und dieses Instrument der Bürgerbeteiligung künftig auch in Haushaltsfragen zuzulassen. Doch je mehr Zeit vergeht, das 195 Seiten starke Werk genauer durchzulesen, desto mehr umstrittene Details kommen ans Licht. Eines davon ist der Satz:

Wir wollen dem Verfassungsschutz NRW die sog. Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) ermöglichen und die gesetzliche Grundlage dafür schaffen.

Bei dieser Quellen-TKÜ handelt es sich um ein Instrument, das in der Vergangenheit unter anderem in Bayern zum Einsatz kam. Die Software, mit der man diese Erlaubnis dort umsetzte, erregte im letzten Jahr Aufsehen, als bekannt wurde, dass dieser "Bayerntrojaner" sehr viel mehr konnte (und tat) als nur Skype-Gespräche abzuhören. Der bayerische Innenminister rechtfertigte das teilweise wegen Bagatelldelikten angeordnete Ausspionieren von Computern damit, dass es sich seiner Meinung nach auch bei den angefertigten Screenshots um eine bloße Quellen-TKÜ handeln würde. So etwas will man in Nordrhein-Westfalen dadurch verhindern, dass die Fähigkeiten der Software gesetzlich beschränkt werden soll.

Dass das Vorhaben von SPD und Grünen, dem nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz eine Rechtsgrundlage für Quellen-TKÜs zu zimmern, nicht schon bei der Vorstellung des Vertrages mehr Aufsehen erregte, könnte unter anderem daran liegen, dass es keine eigene Überschrift bekam, sondern im Punkt "Kampf gegen Rechtsextremismus" versteckt wurde. Und im grünen Wahlprogramm hatte es geheißen:

Wir machen den ausufernden Überwachungsphantasien der Innenminister von CDU und SPD einen Strich durch die Rechnung.

Der Piratenpartei-Landtagsabgeordnete Frank Herrmann wundert sich im Ruhrbarone-Blog darüber hinaus, dass zur vorgeblichen Bekämpfung des Rechtsextremismus ausgerechnet jene Behörde neue Befugnisse bekommen soll, "die sich – milde ausgedrückt – in der Aufklärung der NSU-Morde als nicht besonders hilfreich erwiesen hat". Die deutlich auffälliger untergebrachte Bemerkung "Wir nehmen diesen Vertrauensverlust ernst und werden deshalb die Arbeit des Verfassungsschutzes in NRW transparenter [...] gestalten" wertet er in diesem Zusammenhang als "Verhöhnung der Bürger".