Energiekonzerne bremsen Offshore-Windkraft aus

Und nutzen sie als Verhandlungsmasse im Poker um unbegrenzte Laufzeiten

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Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie hat schon 2002 die ersten Offshore-Projekte in Deutschland genehmigt. Mittlerweile könnten 21 Vorhaben in der Nordsee und drei in der Ostsee fertiggestellt sein oder zumindest in Bau gehen. Doch passiert ist bisher kaum etwas.

Das könnte daran liegen, dass zwei Drittel der Genehmigungen in der Hand der großen Energiekonzerne liegen. So kommt der Ausbau der Windkraftnutzung auf den deutschen Meeren nicht voran. Bei E.on sind für Projekte vor der deutschen Küste noch gar keine endgültigen Investitionsentscheidungen gefallen, das könnte sogar dazu führen, dass keines der vier genehmigten Projekte des Konzerns in der deutschen Nord- und der Ostsee gebaut wird. Aus dem Unternehmen hieß es, man wolle erst Erfahrungen mit dem vom Umweltministerium subventionierten Forschungsprojekt Alpha-Ventus sammeln. Die RWE Tochter Innogy hat sich zwar mittlerweile für den Bau ihres ersten Hochsee-Windparks bei Helgoland entschieden, aber erst in drei Jahren soll Strom von dort ins Netz gehen. Die Frankfurter Rundschau vermutet zwei Gründe für diese zögerliche Baupraxis.

1. Die Konzerne versuchen, ihre in Küstennähe stehenden konventionellen Kohle- und Kernkraftwerke vor Konkurrenz zu schützen. Denn Vorrang für Windstrom würde bedeuten, dass sich die alten Kraftwerke dem Windstromangebot anpassen müssten. Das wiederum bedeutet finanzielle Einbußen für die Betreiber. Grundlastkraftwerke sind als Regelkraftwerke ohnehin nicht geeignet, der Begriff Brückentechnologie somit nur eine Floskel. So ist es nicht verwunderlich, dass von den großen Energiekonzernen ausgerechnet die süddeutsche Karlsruher Energie Baden-Württemberg (EnBW) bei der Offshore-Windkraft in der Ostsee mit zwei Offshore-Parks vorn dran ist. Denn der Konzern hat keine eigenen konkurrierenden Kraftwerke in Norddeutschland. E.on und RWE investieren dagegen vorrangig in Windparks in Großbritannien, weit weg von ihren konventionellen deutschen Kraftwerken.

2. Die Konzerne nutzten ihre Offshoreprojekte als Pfand bei den Verhandlungen, um die Aufhebung der Laufzeitbegrenzung der Kernkraftwerke durchzusetzen. Nach jüngsten Berichten geht diese Rechnung auf, aktuelle Vorschläge des Umweltministeriums sehen für Atomkraftwerke bereits Betriebszeiten von 40 Jahren vor. Ist der Atomkonsens erst einmal abgeschafft, dürften die Laufzeiten de facto unbegrenzt sein.